LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Gaspreis-Erhöhung
Geschrieben am 12-08-2008 |
Leipzig (ots) - Von Birgit SchöppenthauRückversicherung beim GaspreisDer Ölpreis sinkt und sorgt für Entspannung an den internationalen Rohstoffbörsen. Die Verbraucher atmen auf, weil der Effekt inzwischen auch an der Tankstelle angekommen ist. Dennoch flattert ihnen jetzt die schlechte Nachricht von steigenden Gastarifen ins Haus. Weil ja das Erdgas ans Öl gekoppelt ist und uns die Preise für letzteres in den zurückliegenden sechs Monaten auf Trab gehalten haben. Das gibt den Kritikern der Ölpreisbindung neue Nahrung. Aber das Marktinstrument aus den 60er Jahren gehört noch nicht auf den Scheiterhaufen der Geschichte. Einst eingeführt, um die Wettbewerbsfähigkeit der Energieträger zu fördern und den Produzenten Sicherheit für Milliarden schwere Investitionen zu geben, sorgt es heute noch für Stabilität in den Gas importierenden Ländern. Denn Gas ist nicht wie Öl an jeder Ecke handelbar. Die kostenintensive Erschließung des Naturproduktes ist nur rentabel, wenn Absatzmärkte auf 20 Jahre und länger gebunden sind. Versorgungssicherheit ist wiederum angesichts der weltweiten Nachfrage ein hohes Gut für jede Volkswirtschaft. Wer heute eine marktorientierte Preisbildung für Gas fordert, der macht den zweiten Schritt vor dem ersten. Frei handelbare Gasmengen werden erst verfügbar sein, wenn die Technologie zur Verflüssigung von Gas gereift und damit die Möglichkeit zum globalen Transport gegeben ist. Solange es diesen Wettbewerb nicht gibt, werden sich sinkende Kosten in den Förderländern nicht signifikant auf den Rohstoffpreis niederschlagen. Außerdem ist die Marktmacht der Gas fördernden Länder nicht zu unterschätzen. Erst jüngst erneuerte Gazprom-Chef Alexei Miller bei seinem Besuch in Leipzig die Forderung nach einem Gaskartell. Die Kooperation mit Algerien ist ein weiterer Schritt, die Angebotsmacht des Gasoligopols zu bündeln und damit die Kontrolle über den Markt und die Preise zu verstärken. Mit der Aufgabe der Ölpreisbindung würde Deutschland seine eigene Rückversicherung einbüßen. Beispiele wie USA und Großbritannien zeigen außerdem, dass es zu der Ölpreisbindung bislang keine Alternative gibt. Solange die Briten noch eigene Gasvorkommen nutzten, konnten sie das Quasi-Kartell umgehen. Als Importeur müssen sie der Preisbildung der Produzenten folgen. Ebenso bedienen sich die Konzerne in den USA dieses Mechanismus'. Weil sie in der Regel beide Energieträger vermarkten, verhindern sie damit die Konkurrenz zwischen Öl und Gas und somit Preisschwankungen auf einer Seite. Im Moment führen nur mehr Wettbewerb auf dem Binnenmarkt und eine Steuersenkung durch den Staat zu einer Entlastung der Verbraucher. Beschaffungskosten werden aber weiterhin eingepreist. @b.schoeppenthau@lvz.de
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