AVWG: Selbstverwaltung schaut Gesetzesverstößen untätig zu
Geschrieben am 13-08-2008 |
München (ots) - Die elektronische Ausstellung von Rezepten im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit setzt laut AVWG ab 1. Juli 2008 den Einsatz einer zertifizierten Arzneimitteldatenbank im Arztcomputer voraus. Im Anforderungskatalog zur Zertifizierung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wird festgestellt, dass Software und Datenbanken von Anbietern, welche den Anforderungskatalog nicht umsetzen, nicht zertifiziert sind und zur Verordnung von Arzneimitteln nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Die ePrax AG hat daher die "SCHOLZ Datenbank" entsprechend den AVWG-Regelungen bei der Zertifizierungsstelle der KBV im Juni 2008 fristgemäß zertifizieren lassen.
Mit dem Inkrafttreten der AVWG-Regelung verbindet der Gesetzgeber das Ziel, den verordnenden Ärztinnen und Ärzten beim Rezeptieren verordnungsrelevante, industrieneutrale Arzneiinformation zur Verfügung zu stellen. Insbesondere soll ein manipulationsfreier Preisvergleich und ein Prozessablauf in der Praxissoftware gewährleistet sein, der unabhängig von der Werbung pharmazeutischer Hersteller ist, damit die ärztliche Unabhängigkeit im Interesse der Patienten nicht beeinträchtigt wird und die Wirtschaftlichkeit im Interesse der Krankenkassen gefördert wird.
Die zertifizierte SCHOLZ Datenbank ist ein industrieneutrales und werbefreies kostenpflichtiges Informationsssystem. Unbeschadet der zum 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Regelungen hat ein Wettbewerbsunternehmen im Juli 2008 eine kostenlose, werbegesponserte auf ABDATA-Daten basierende Arzneimitteldatenbank mit Arztsoftwareschnittstelle in grosser Stückzahl an Ärzte in Deutschland verteilt.
Unabhängig davon, dass nach Auffassung der ePrax AG sowohl das Anbieten und Gewähren einer solchen mit Pharmawerbung gebündelten "Zuwendung" durch Softwarehäuser nach HWG unzulässig ist und das HWG, aber auch die Berufsordnungen der Ärzte, eine Annahme solcher Zuwendungen verbieten, verstösst diese kostenlose Datenbank gegen die seit 1. Juli 2008 geltenden Regelungen des AVWG zur elektronischen Verordnung, was die Pharmawerbung anbelangt.
Diese Ansicht wurde von der Zertifizierungsstelle der KBV auf Anfrage der ePrax AG hin bei einem Besuch am 4. August 2008 bestätigt. Besagte Arzneimitteldatenbank sei auch nicht zertifiziert. Gleichzeitig hat die Zertifizierungsstelle der KBV zu erkennen gegeben, dass die KBV keinerlei Einfluss darauf nehmen wolle, die Ärzte vom Arbeiten mit nicht zertifizierter Software und damit verbundenen Verstößen gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten abzuhalten. Im Gegenteil, wenn eine in grosser Stückzahl vertriebene Software von Ärzten eingesetzt würde und vom Anbieter nicht zertifiziert sei, "dann könne man dies doch nicht den Ärzten anlasten". Daher solle das Arbeiten mit nicht zertifizierter Software bei der nächsten Quartalsabrechnung der Honorare und der Arzneimittel zum 30. September auch nicht sanktioniert werden. Entsprechende Empfehlungen seien an die regionalen KVn gegangen. Die medizinische Öffentlichkeit, die Krankenkassen oder die Öffenlichkeit generell seien und sollen nicht weiter informiert werden. Gleichwohl sei der Bundesmantelvertrag mit den Krankenkassen, der die KBV konkret mit dem Vollzug der AVWG-Regelungen zum 1. Juli 2008 beauftragt, in Kraft. Im Übrigen sei es der ePrax AG als Wettbewerber unbenommen, gegen ungesetzliches Verhalten eines Wettbewerbers vorzugehen.
Die ePrax AG ist der Auffassung, dass die Problematik einen privat-/wettbewerbsrechtlichen Aspekt, insbesondere aber auch einen öffentlich-rechtlichen Aspekt umfasst.
Was ersteren anbelangt, so stellt sich für die ePrax AG natürlich die Frage, ob sie sich nicht auch den immensen Aufwand für die Zertifizierung hätte sparen sollen.
Was letzteren anbelangt, so ist festzustellen, dass hier durch ein Organ der Selbstverwaltung offensichtlich nicht das Interesse der Gesellschaft und die Vorgaben des Gesetzgebers verfolgt werden, nämlich die Gesetze termingerecht anzuwenden und durch industrieneutrale Information und Funktionalität tatsächlich eine wirtschaftliche Verordnung und damit die Wirtschaftlichkeit der Krankenkassen zu unterstützen. Vielmehr werden unter Missachtung von Gleichbehandlung und Amtspflichten solchen Unternehmen, die über eine gewisse Marktdominanz verfügen, bewusst Vorteile verschafft sowohl gegenüber der Allgemeinheit als auch anderen, die sich an das Gesetz und das daraus seit dem 1. Juli zwingend geltende Zertifizierungserfordernis halten. Der Aspekt der Gleichbehandlung gilt natürlich gleichermaßen für die Ärzte, von denen sich diejenigen schliesslich fragen werden, die entsprechend ihrer vertragsärztlichen Pflicht mit zertifizierter Software arbeiten, warum andere dies nicht tun müssen.
Für die Krankenkassen, aber auch das Aufsicht führende Bundesministerium für Gesundheit, stellt sich schliesslich die Frage, ob und welche Massnahmen kurzfristig ergriffen werden müssen, damit die gesetzlich verfolgten Ziele auch tatsächlich von Anbeginn erreicht werden, dass nämlich
1. das AVWG im Rahmen der elektronischen Verordnung zur Erreichung der Gesetzesziele konsequent angewendet wird und damit gleichzeitig alle vor dem Gesetz gleich behandelt werden, sowohl Softwarehäuser als auch verordnende Ärztinnen und Ärzte;
2. die Einflussnahme durch pharmazeutische Werbung auf die elektronische Verordnung der Ärzte abnimmt.
Aktuell ist in bestimmten Marktsegmenten eine erhebliche Zunahme und keineswegs eine Abnahme dieses Pharmawerbeeinflusses zu verzeichnen, die eben dadurch gefördert wird, wenn die Selbstverwaltung ungesetzlichen Marktentwicklungen untätig zuschaut.
Originaltext: ePrax AG Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/40597 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_40597.rss2
Pressekontakt: Verantwortlich und Kontakt: Wolfgang Scholz Apotheker und Vorstand der ePrax AG Dessauerstr. 9 80992 München Tel. 089/92 90 91 0 Fax: 089/92 90 91 90 scholz@eprax.de
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