INSM und WiWo präsentieren Halbjahresbilanz Merkel-Müntefering: Studie "Merkelmeter": Bisher nur 4,3 Prozent des Weges zu mehr Jobs und Wachstum geschafft
Geschrieben am 02-06-2006 |
Köln/Berlin (ots) - "Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, dass Deutschland in zehn Jahren wieder zu den ersten drei in Europa gehört." Diesen Anspruch formulierte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung am 30. November 2005. Doch die politischen Fakten, die ihre Große Koalition im ersten halben Jahr nach der Kanzlerinnen-Premiere geschaffen hat, werden diesen Anspruch nicht einlösen. Das belegt die jüngste Ausgabe des "Merkelmeters" - einer wissenschaftlichen Dauerstudie im Auftrag von Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und WirtschaftsWoche. Wissenschaftler des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) untersuchen dafür fortlaufend alle Gesetzesvorhaben und politische Entscheidungen auf ihre Beschäftigungs- und Wachstumswirkungen.
Von 100 in dieser Legislaturperiode erreichbaren Punkten hat die Regierung Merkel-Müntefering sechs Monate nach ihrem Start nur 4,3 geschafft. Die Punktzahl 100 markiert ein theoretisches Reformmaximum, das die IW-Ökonomen vor der Bundestagswahl in einem Maßnahmenplan definiert hatten. Bei hundertprozentiger Umsetzung dieses Planes würde Deutschland deutlich höhere Wachstumsraten erleben, und bis Herbst 2009 könnten eine Million Menschen eine neue Beschäftigung gefunden haben, so die Wissenschaftler.
Vor allem ein verunglückter finanzpolitischer Start trübt die Halbjahres-Bilanz der Bundesregierung. Im Merkelmeter-Teilbereich "Steuern und Finanzen" schneidet sie mit minus 11,5 Punkten bei weitem am schlechtesten ab. Hauptursachen: die massiven Steuererhöhungen sowie der mangelnde Sparwille der Großen Koalition. Statt konsequent Subventionen abzubauen, verteilt Schwarz-Rot mit dem "25-Milliarden-Euro-Sofortprogramm für Wachstum und Beschäftigung" sogar neue staatliche Wohltaten. Zwar hat sich in der jüngsten Bewertung der bevorstehende Abbau von Steuervergünstigungen wie der Pendlerpauschale, des Sparerfreibetrags, der Absetzbarkeit des Arbeitszimmers und der Bergmannsprämie leicht positiv ausgewirkt. INSM-Geschäftsführer Max Höfer weiß sich mit den Ökonomen des IW einig: "Das sind aber nur Trippelschritte beim Subventionsabbau. Die schwarz-rote Koalition gibt mit der linken Hand aus, was sie mit der rechten Hand einspart." "Zudem liegen notwendige strukturelle Veränderungen bei der Unternehmensbesteuerung noch im Dunkeln", kritisiert Klaus Methfessel, stellvertretender Chefredakteur der WirtschaftsWoche.
Besser im Rennen liegt die Bundesregierung in der Sozialpolitik. 11,7 Merkelmeter-Punkte kann sie hier verbuchen. Das positive Ergebnis beruht im Wesentlichen auf den Plänen zur Erhöhung des Renteneintrittsalters und zur Einführung des Nachholfaktors. Auch profitiert die Bundesregierung davon, dass die Bundesagentur für Arbeit ab 2007 aus eigener Kraft voraussichtlich 7 Milliarden Euro zur Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung beisteuern kann. Unklar ist dagegen nach wie vor, wie die Große Koalition die Probleme auf den wichtigen Sozialbaustellen "Gesundheitswesen" und "Pflegeversicherung" lösen will.
Mäßig schneidet die Koalition auch in der Arbeitsmarktpolitik ab: Hier kommt sie auf lediglich 6,8 Punkte. Grund: Bis auf verschiedene Änderungen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat Schwarz-Rot auf diesem Politikfeld noch nicht viel bewirkt. Gegenüber der letzten Messung Ende März hat sich der Punktwert verschlechtert. Hauptursache dafür ist das Anti-Diskriminierungsgesetz, das zum 1. August in Kraft treten soll. Das Gesetz steht in der Kritik, denn es geht weit über die Vorgaben der EU hinaus und wird in den Unternehmen zu mehr Kosten, neuer Bürokratie und massiven Unsicherheiten führen.
Mit glatten 10 Punkten steht Schwarz-Rot im Merkelmeter-Teilbereich "Governance" vergleichsweise gut da. Dieser Teilindikator bildet ab, wie die Bundesregierung beim Bürokratieabbau sowie Effizienzverbesserungen der staatlichen Organe vorankommt. In den letzten zwei Monaten stieg der Wert um 3,3 Zähler. Begrüßt wird zum Beispiel die geplante Einrichtung eines "Normenkontrollrates", der ähnlich einer Art "Bürokratie-TÜV" alle neuen Gesetze der Bundesregierung daraufhin prüft, ob sie zu mehr oder weniger Verwaltungsaufwand für die Wirtschaft führen. Einen Fortschritt sahen die Wissenschaftler auch im Mittelstands-Entlastungsgesetz, das kleinere Unternehmen aus einer Reihe von Statistikpflichten entlässt und die Schwelle für die Bestimmung eines Datenschutzbeauftragten heraufsetzt. Teilweise positiv ging auch die Föderalismusreform in die Bewertung ein.
WiWo-Vize Methfessel und INSM-Geschäftsführer Höfer erinnerten die Bundeskanzlerin an ihre erste Regierungserklärung: "Wir brauchen eine langfristige Konsolidierungsstrategie. Dabei hat für uns das Reformieren und Investieren zeitlichen Vorrang", hatte Merkel damals erklärt. Wie positiv es sich auf die Wachstumschancen Deutschlands auswirken würde, wenn die Kanzlerin dieses Konsolidierungsversprechen wahr machen würde, zeigt eine Modellrechnung im Rahmen der Merkelmeter-Studie: Würde Bundesfinanzminister Peer Steinbrück Steuervergünstigungen und Subventionen stärker abbauen und das Steuersystem grundlegend reformieren, so könnte der Steuer- und Finanzindikator um knapp 50 Punkte nach oben springen. Damit wären Merkel & Co. erst richtig auf dem Weg zu mehr Beschäftigung und Wachstum.
Die WirtschaftsWoche veröffentlicht das aktuelle Merkelmeter in ihrem neuen Heft am Samstag, 03. Juni 2006.
Das Merkelmeter sowie den ausführlichen wissenschaftlichen Hintergrund dazu finden Sie auch im Internet unter www.merkelmeter.de und www.insm.de
Originaltext: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=39474 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_39474.rss2
Pressekontakt: Carsten Seim, INSM, (0221) 4981-404, E-Mail: Seim@insm.de Konrad Handschuch, WirtschaftsWoche, (0211) 887-2118, k.handschuch@vhb.de
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