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ZDF-Magazin "Frontal 21" am 16. September 2008, 21.00 Uhr: Sachverständigenrat gegen längere Laufzeiten für Atomkraftwerke / Vorschläge der Union "komplette Augenwischerei"

Geschrieben am 16-09-2008

Mainz (ots) - Für den Sachverständigenrat der Bundesregierung für
Umweltfragen (SRU) führt eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke
nicht zu niedrigeren Strompreisen. Ratsmitglied Prof. Olav Hohmeyer
gegenüber dem ZDF-Magazin "Frontal 21": "Dafür gibt es überhaupt
keinen Ansatzpunkt. (...) Der Stromkunde wird von einer
Laufzeitverlängerung nicht profitieren, weil die Kosten in der
Elektrizitätserzeugung nicht in die Preise transportiert werden."
Denn schon heute sei die Stromerzeugung aus Kernkraft für die
Energieversorgungsunternehmen sehr billig. Dieser Vorteil werde von
den Konzernen aber nicht weitergegeben. Dagegen würden die großen
Energieversorger durch eine Laufzeitverlängerung übermäßig
profitieren, so Hohmeyer.

Nach Berechnungen des Energiewirtschaftsexperten des Ökoinstituts
in Berlin, Felix Matthes, führen acht Jahre mehr Laufzeit "bei den
Energiekonzernen zu Zusatzprofiten in der Größenordnung von 80 Mrd.
Euro". Matthes gegenüber "Frontal 21": "Beim Stromkunden kommt davon
nicht ein einziger Cent an." Strompreise entstehen in liberalisierten
Strommärkten an der Börse und sind von den Anschaffungs- und
Bereitstellungskosten weitgehend unabhängig. Dementsprechend änderten
sich die Preise nicht automatisch dadurch, dass Kernkraftwerke
anteilig mehr Strom erzeugten beziehungsweise länger betrieben
würden. Als Beispiel verweist Matthes auf Frankreich: "Wir haben in
Frankreich, wo 85 Prozent der Stromerzeugung aus Kernkraftwerken
stammt, den exakt gleichen Strompreis wie in Deutschland auf dem
Großhandelsmarkt."

Die Unionsparteien CDU und CSU hatten vergangene Woche
vorgeschlagen, die Laufzeiten der Kernkraftwerke um acht Jahre zu
verlängern. Die zusätzlichen Gewinne der Konzerne würden zu
niedrigeren Strompreisen führen. Wie das genau geschehen soll, ließen
die Unionspolitiker offen. Gegenüber "Frontal 21" spricht
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, CSU, von einem Fonds, in den
"Mehrerlöse eingebracht werden, um preisdämpfend für die Verbraucher
zu wirken". Zur Höhe der abzuschöpfenden Gewinne wollte sich der
Bundeswirtschaftsminister allerdings nicht äußern: "Das wird die
Verhandlung zwischen den Kernkraftwerkbetreibern und meinem Haus
zeigen", so Glos.

Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher der Grünen im
Bundestag, kritisiert die Vorschläge der Union als Wahlkampfmanöver.
"Glos arbeitet nur für die Interessen der Atomkonzerne", so Fell
gegenüber "Frontal 21". Auch Sachverständigenratsmitglied Hohmeyer
hält Glos' Vorschlag für "komplette Augenwischerei". Schließlich
wären schon heute Gewinnabschöpfungen möglich, wenn die Politik das
nur wolle.

Auch die großen Energiekonzerne wiegeln ab. RWE
Vorstandsvorsitzender Jürgen Großmann erklärte sich zwar
grundsätzlich zu Gesprächen mit der Regierung bereit. Gegenüber
"Frontal 21" sagte er zum Thema Gewinnabschöpfung: "Im Moment haben
wir überhaupt nichts abzugeben." Eon-Chef Wulf Bernotat wollte sich
auf Nachfrage nicht zu den Vorschlägen äußern. "Dieses Thema eignet
sich nicht für eine öffentliche Diskussion."

Rückfragen bitte an die ZDF-Redaktion "Frontal 21" unter: Tel.:
030/2099-1255 (Ilka Brecht), Fax: 030/2099-1289.

Originaltext: ZDF
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/7840
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_7840.rss2

Pressekontakt:
ZDF-Pressestelle
Telefon: 06131 / 70 - 2120
Telefon: 06131 / 70 - 2121



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