WAZ: EU und Nato - Zwei Weltkriege reichen. Leitartikel von Gerd Niewerth
Geschrieben am 25-09-2008 |
Essen (ots) - Jüngste Umfragen der "Financial Times" in Sachen Bündnistreue haben Bemerkenswertes zu Tage gebracht. In der Schlüsselfrage, ob sie den Letten, Esten und Litauern im Falle eines russischen Militärschlages beistehen würden, ist die Ablehnung in Deutschland sehr hoch. Mehr als die Hälfte lehnt es ab, die Bundeswehr in den Krieg gegen Russland ziehen zu lassen.
Washington wird diese deutsche Zurückhaltung zwar wurmen, aber nicht sonderlich überraschen. Schon als George W. Bush die Nationen für den Waffengang gegen den Irak hinter sich sammelte, haben die Deutschen gefehlt. Auch im Süden Afghanistans, wo die Hauptlast im Krieg gegen die Aufständischen zu tragen ist, macht die Bundeswehr nicht mit.
Ist Deutschland somit ein unsicherer Kantonist? Ein Bündnispartner zweiter Klasse? Der Blick auf die Realitäten spricht eine ganz andere Sprache: Deutschland gehört in Afghanistan zu den größten Truppenstellern, gleiches gilt für den Balkan oder in der Levante. Nicht zu vergessen die EU-Friedensmissionen, bei denen Deutschland ebenfalls oft genug voranmarschiert.
Der große Winston Churchill hat sich einst gewundert über die merkwürdige deutsche Rolle in der Welt: "Entweder hat man sie an der Gurgel oder zu Füßen." Mittlerweile ist Deutschland selbstbewusst genug, um eine balancierte Rolle auf der Weltbühne zu spielen.
Eine deutsche Zurückhaltung in der sehr hypothetischen baltischen Beistandsfrage offenbart eher ein gravierendes (Image-) Problem der Nato. Nicht nur, dass sie ohne Visionen und strategisches Konzept dasteht. Hinzu kommt, dass die Hypermacht USA eindeutig den Ton angibt, während die übrigen 25 Länder treu ergeben die Hacken zusammenschlagen müssen. Auch im aktuellen Kaukasus-Konflikt sind es vor allem die USA, die für die Nato eine abschreckende Streitkräfteplanung und höhere Verteidigungsausgaben einfordern. Die EU hebt sich davon wohltuend ab. Zu Unrecht als unfähige Kompromissmaschine verschrien, entpuppt sich die Union als "sanftes Imperium" und erfolgreiche Konfliktmanagerin.
Wenn's um Russland geht, sollte die spezielle deutsche Befindlichkeit nicht unterschlagen werden. Nach dem schrecklichen Gemetzel zweier Weltkriege verspüren die Deutschen - und die Russen ebenso - keinerlei Drang, erneut mit Waffen aufeinander los zu gehen. Der Dialog am Konferenztisch ist allemal besser, selbst wenn man sich dabei anbrüllt.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-2727 zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
160902
weitere Artikel:
- Allg. Zeitung Mainz: Fragwürdig Kommentar zu Zypries Mainz (ots) - Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat viele Felder zu beackern; auf manchen gelingt ihr Beachtliches, doch gibt es auch Bereiche, in denen ihre Bemühungen nur Kopfschütteln hervorrufen. Vernünftig und im Ergebnis akzeptabel sind beispielsweise die Neuerungen im Scheidungsfolgenrecht. Da ging es unter anderem um die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten, und dass die erste Prioritätsstufe für Kinder nunmehr unumstritten ist, kann sich die Ministerin als Erfolg zurechnen. Dass neue Gesetzespläne aber auch zu Rohrkrepierern mehr...
- Rheinische Post: Steinbrück als düsterer Prophet Kommentar VON SVEN GÖSMANN Düsseldorf (ots) - Es war ein dramatischer Auftritt des Bundesfinanzministers im Bundestag: Peer Steinbrück gab seine auf Besänftigung der Märkte und Beruhigung der Bürger ausgelegte Strategie in der Finanzkrise auf. Stattdessen griff er in tief in das Arsenal der Bedrohungsszenarien. Sein "Die Welt wird nicht wieder werden wie vor dieser Krise" sollte nicht zufällig an das geflügelte Wort nach dem 11. September 2001 erinnern: "Nichts wird mehr so sein, wie es war." Den Schuldigen für die Finanzkrise hat er auch ausgemacht: die "Gier" mehr...
- Rheinische Post: Keine Konsum-Lust Kommentar VON GEORG WINTERS Düsseldorf (ots) - Wie sollen die Menschen Lust am Kaufen bekommen, wenn sie jeden Tag neue Hiobsbotschaften über Milliardenrisiken in der Finanzkrise lesen, davon, dass sie als Steuerzahler dafür die Zeche zahlen und der Finanzminister ihnen sagt, dass die nähere Zukunft schwierig wird? Es gehört nicht viel Expertise dazu, für die nächsten Wochen und Monate Konsum-Zurückhaltung vorauszusagen. Zu stark sind die Verbraucher verunsichert, zu stark die Lebenshaltungskosten in der jüngeren Vergangenheit gestiegen, zu groß ist bei vielen mehr...
- Rheinische Post: Kindergeld-Mogelei Kommentar VON ALEXANDER VON GERSDORFF Düsseldorf (ots) - Das Kindergeld ist laut einer Umfrage die beliebteste und am wenigsten umstrittene Leistung des Bundes. Die monatliche Überweisung vom Staat für Familien mit Kindern rangiert weit vor allen übrigen Subventionen, Zuschüssen und Transferzahlungen. Da liegt es nahe, diese Leistung im Bundestags-Wahljahr 2009 deutlich zu erhöhen. Schließlich können Union und SPD dann auf zufriedenere Wähler zählen. Rund zwei Milliarden Euro sind dafür im Bundeshaushalt 2009 fest eingeplant. Der geplante Kindergeld-Anstieg um zehn Euro mehr...
- Lausitzer Rundschau: Bundestag erörtert Finanzkrise Desaster als Chance Cottbus (ots) - Es ist noch nicht lange her, da galt das Streben nach maximaler Rendite auch regierungsoffiziell als große Tugend. Die Zauberwörter hießen Deregulierung, weniger Staat und mehr Markt. Der Crash auf dem internationalen Finanzsektor hat nun für ein erstaunliches Umdenken gesorgt. Selbst die FDP, bislang ein Hort gegen alle staatliche Bevormundung, drängt auf mehr Transparenz und Kontrolle im Bankenwesen. Selten waren sich alle Parteien darüber so einig wie in der gestrigen Debatte des Bundestages. Doch das ändert nichts mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|