Allg. Zeitung Mainz: Zwei Welten (Kommentar zu Anti-Terror-Gesetz)
Geschrieben am 08-10-2008 |
Mainz (ots) - Der Bundesinnenminister sagt, es gebe eine Einigung beim Gesetzesvorhaben, den Aufenthalt in Terrorcamps zu bestrafen. Bei näherem Hinsehen drängt sich allerdings der Verdacht auf, dass sich Wolfgang Schäuble ausschließlich mit sich selbst geeinigt hat, nicht aber mit der zuständigen Justizministerin Brigitte Zypries. Jene dementiert nämlich heftig, dass man zu einer gemeinsamen Linie gefunden habe. Ein skurriler Vorgang, und höchst bedenklich: Bei einer so wichtigen Thematik wie dem Anti-Terror-Kampf bekriegen sich zwei Ministerien. Dabei geht es offenbar nur noch in zweiter Linie um Fakten, viel stärker aber darum, dass zwei Denkschulen - und damit zwei Welten aufeinander prallen. Und natürlich auch darum, dass Schäuble der CDU und Zypries der SPD angehört. Man tut dem Innenminister gewiss kein Unrecht, wenn man ihn als Hardliner bezeichnet; grundsätzlich ist eine harte - besser gesagt: entschiedene - Linie im Anti-Terror-Kampf auch durchaus angebracht. Allerdings ist es zu einem Markenzeichen Schäubles geworden, stets ein wenig zu viel Härte an den Tag zu legen. Manchmal entsteht der Eindruck, als befürchte Schäuble, nicht er, sondern sein sozialdemokratischer Vorgänger Otto Schily werde vor der Geschichte dereinst als derjenige gelten, der nach dem 11. September 2001 Deutschland mit Gesetzen sicherer machte. Schäubles Credo "Wir können doch nicht warten, bis die Straftat begangen ist" hat viel für sich. Aber auch Zypries will ja nicht warten, bis es zu spät ist, sie fordert nur, dass ein Anschlagsvorsatz nachgewiesen werden muss, um den Aufenthalt in einem Terrorcamp zu bestrafen. Schäuble meint, auf eine solche Bedingung verzichten zu können. Die Zypries-Lösung ist juristisch differenzierter und deshalb eher geeignet, einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht stand zu halten. Doch die Aussicht, in Karlsruhe abgewatscht zu werden, ist für einen wie Schäuble kein Grund, zurückzustecken.
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