LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Rettungspaket/Merkel -
Geschrieben am 15-10-2008 |
Leipzig (ots) - Von Dieter Wonka. Die Meisterin des Ungefähren - Angela Merkel - kämpft an der Spitze der Patrioten um die Demokratie und für die Banken. Die Regisseure des Staatskraftaktes schrecken nicht vor eindrucksvollen Worten zurück. Das ist nicht nur selbstlos. Bis auf Weiteres geht es um psychologische Kniffe. Deshalb ging die Regierung bis zum Äußersten. Das tut den Märkten, Banken und Börsianern gut. Es bewahrt alle Bürger vor schlimmsten Schäden. Und es beweist, wie entschlossen Politik handeln kann, wenn sie nur will. Ganz nebenbei gerät der Denkmalssockel, an dem die Kanzlerin arbeitet, immer wuchtiger.Sie ist beliebt bei Freunden und Gegnern. Sie charmiert in der eitlen Männergesellschaft eindrucksvoll. Sie moderiert die Koalition, diszipliniert die CSUim Erbschaftskrieg und lässt, da der freie Markt seinen Glanz verliert, auch den FDP-Bräutigam Westerwelle zunehmend alt aussehen. Die Krise ist da - und ein Meisterstück soll entstehen. Wenn alles wie geschmiert geht, dann wird jetzt die Finanzmarkt-Katastrophe abgewehrt, die große Koalition - mit der Union vorn dran - bleibt auch nach 2009 im Amt, und irgendwann setzt sich Merkel an die Spitze der EU oder gar der Unoab. So könnte sie endgültig präsidieren ohne sich zu positionieren. Denn eng wird es für die Kanzlerin immer, sobald es konkret wird. Auch vernünftigere Menschen als Lafontaine kommen auf eine bemerkenswerte Krisen-Bilanz: Viele verzeichnen seit Jahren eine Stagnation beim Reallohn;zur gleichen Zeit explodierten gewisse Managergehälter;jetzt stellt sich heraus, ein Teil dieser Millionen-Kassierer betätigte sich als Krisen-Wegbereiter. Und bezahlen muss den Schaden der gemeine Steuerzahler. Der war vom Aufschwung abgekoppelt und hängt dafür im Abschwung drin. Das ist eben keine reine Finanzmarktkrise mehr. Das rechtfertigt nicht die Rückbesinnung auf abgewickelte Sozialismus-Flausen. Aber es verlangt nach Konsequenzen, nach populären und nach konsequenteren. Vom Eigenbeitrag der Macher im Managergewand ist nichts zu sehen. Das neue Finanzmarkt-Regulierungskonzept der Regierung steckt in den Anfängen. Merkel hat viel vor. Aber wie kann sie bei der Gestaltung des solideren Finanzmarktes auf die Idee verfallen, den Banker Tietmeyer zum Chefratgeber machen zu wollen? Der war bei den Krisen-Banken Hypo Real Estate und deren irischer Casino-Tochter Depfa als Kontrolleur dabei. Manchmal ist es das fehlende Fingerspitzengefühl im Kleinen, das am großen Ganzen zweifeln lässt.
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