WAZ: Nach dem EU-Gipfel - Auf dem Weg zu einem neuen Kapitalismus. Leitartikel von Knut Pries
Geschrieben am 16-10-2008 |
Essen (ots) - Einen heilsamen Effekt hat die große Krise: Sie konzentriert die Gemüter. Zwar hatte auch der jüngste EU-Gipfel das übliche Quantum Nonsens zu bieten: Die Polen zankten mal wieder untereinander um die Plätze am Gipfel-Tisch; der Italiener Berlusconi nervte mal wieder mit der Idee, Russland in die EU aufzunehmen. Aber anders als bei mancher früherer Gelegenheit wurde dem Starr-, Schwach- und Eigensinn keine dominante Position eingeräumt.
Das Gezeter um den Maßnahmen-Katalog, den die EU-Schwergewichte erstellt und auf den Tisch gelegt hatten, verstummte so rasch, wie es sich erhoben hatte. Warum waren wir nicht dabei, als dies ausgeheckt wurde? Darauf gab es einen herb-pragmatischen Bescheid: Wenn das Dach des gemeinsamen Hauses einzustürzen droht, sind zunächst die mit den großen Muckis gefragt! Die mit den kleineren Muckis fügten sich.
Zuerst waren es die "G-4" Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien im Verein mit der EU-Geschäftsleitung, dann folgte auf Ebene der Finanzminister eine Verständigung im Kreise der G-7, unmittelbar danach die Absegnung durch die Regierungschefs der Euro-Staaten. Jetzt hat das EU-Kollektiv mehr oder weniger zähneknirschend gegengezeichnet, mit der Maßgabe, den Prozess noch im November in einer Weltfinanzkonferenz zu globalisieren.
Mit Russland, China und Indien, mit den Schwellenländern, "mit den Golfstaaten und Singapur" (Steinmeier). Ohne viel Aufhebens wird en passant die gute (schlechte), alte G-8 zerkrümelt, der IWF renoviert und, wer weiß, nebenbei vielleicht sogar die Doha-Runde der Welthandelsgespräche doch noch zum Abschluss gebracht.
Das Krisenbewältigungsszenario ist so atemberaubend wie die Krise selbst. Seit der deutschen Einheit gab es nicht mehr soviel improvisierte große Politik. Nur ist viel unsicherer, was heraus kommt. "Neubegründung des Kapitalismus", sagt der Franzose Sarkozy. "Rückbesinnung auf die Tugenden der sozialen Marktwirtschaft", meint Luxemburgs Juncker. Das werden die Kapita-listen, denen in der Not auf einmal ganz rheinisch zumute ist, erst noch beweisen müssen. Was bisher auf den Weg gebracht wurde, ist keine soziale oder gar moralische Veredelung des Systems, sondern seine technische Reparatur. Es dient der Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit. Dass der Laden, wenn er wieder läuft, wieder stärker Richtung Gemeinwohl läuft, ist nicht mehr als ein vages Versprechen.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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