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Selbstbestimmung stärken - Patientenwohl schützen Neuer Gruppenantrag zu Patientenverfügungen vorgestellt

Geschrieben am 21-10-2008

Berlin (ots) - Nach intensiven Beratungen in der Sommerpause haben
sich die Abgeordneten-Gruppen um den bisherigen Entwurf
Bosbach/Röspel/Winkler/Fricke und die Gruppe Göring-Eckardt/Terpe auf
einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Verankerung der
Patientenverfügung im Betreuungsrecht geeinigt. Hierzu erklären die
Abgeordneten Wolfgang Bosbach MdB (CDU/CSU), René Röspel MdB (SPD),
Katrin Göring-Eckardt MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und Otto Fricke MdB
(FDP):

Ziel unseres gemeinsamen Gesetzentwurfs ist es, das
Selbstbestimmungsrecht und das Patientenwohl auch in Situationen zu
stärken, in denen der Patient das Bewusstsein verloren hat und darum
keine eigene Entscheidung über die Fortsetzung oder den Abbruch einer
medizinischen Behandlung mehr treffen kann. Dazu werden die
Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht gesetzlich geregelt.

In einer Patientenverfügung getroffene Anordnungen über Art und
Umfang der Behandlung sind nach Verlust der Einwilligungsfähigkeit
grundsätzlich verbindlich.

Auch der Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung kann
unabhängig vom Stadium der Erkrankung in einer notariell beurkundeten
Patientenverfügung verbindlich angeordnet werden, der eine umfassende
ärztliche Beratung vorausgeht. Eine solche Patientenverfügung muss
alle fünf Jahre bestätigt werden.

In einer einfachen Patientenverfügung (ohne vorherige Beratung und
Beurkundung) ist die Anordnung eines Behandlungsabbruchs nur
verbindlich, wenn eine unheilbare, tödlich verlaufende Krankheit oder
ein Fall endgültigen Bewusstseinsverlusts vorliegt.

Anders als der vor der Sommerpause von einer anderen Gruppe von
Abgeordneten im Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf lehnt dieser
Entwurf eine Pflicht zum Abbruch lebenserhaltender Behandlungen
unabhängig vom Stadium einer Erkrankung ab, wenn der
Patientenverfügung keine ärztliche Beratung vorausgeht.

Lebensschutz und ärztliche Sorge für das Patientenwohl werden
gewahrt durch die ärztliche und notarielle Aufklärung vor der
Errichtung einer qualifizierten Patientenverfügung bzw. bei einfachen
Patientenverfügungen ohne Beratung durch die Beschränkung der
Verbindlichkeit auf bestimmte Krankheitsstadien.

Im Einzelnen sieht der Entwurf folgende Regelungen vor:

- Mit dem neugeregelten Instrument der Vorsorgevollmacht kann für
den Fall einer späteren Betreuungsbedürftigkeit vom Betroffenen
selbst ein Bevollmächtigter bestellt werden. Die Bestellung eines
Betreuers durch das Vormundschaftsgericht ist dann i.d.R. nicht
erforderlich. Mit der Neuregelung in dem Entwurf ebenfalls
neugeregelten Betreuungsverfügung können Vorschläge zur Auswahl des
Betreuers und zur Wahrnehmung der Betreuung geäußert werden.

- Daneben wird die Patientenverfügung erstmals gesetzlich
verankert (§ 1901 b). In einer Patientenverfügung schriftlich
geäußerte Wünsche und Entscheidungen über medizinische Maßnahmen
gelten nach Verlust der Einwilligungsfähigkeit fort. Sie sind für
Bevollmächtigte und Betreuer verbindlich.

- Die in einer Patientenverfügung getroffenen Verfügungen können
jederzeit formlos widerrufen werden. Niemand kann zu einer
Patientenverfügung verpflichtet werden. Ein Vertrag darf nicht von
der Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung abhängig gemacht
werden (Koppelungsverbot).

- Für Anordnungen über den Abbruch lebenserhaltender Behandlungen
gelten besondere Voraussetzungen: In einer Patientenverfügung mit
Beratung kann der Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung
(unabhängig vom Krankheitsstadium) verbindlich angeordnet werden,
wenn eine umfassende ärztliche Beratung vorausgegangen, dokumentiert
und vom Notar mit der Patientenverfügung beurkundet und nicht älter
als fünf Jahre oder bestätigt ist.

- Auch in einer Patientenverfügung ohne Beratung kann der Abbruch
einer lebenserhaltenden Behandlung verbindlich angeordnet werden für
den Fall, dass eine unheilbare, tödlich verlaufende Krankheit oder
eine Situation vorliegt, in der der Patient mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit trotz Ausschöpfung aller medizinischen
Möglichkeiten das Bewusstsein niemals wiedererlangen wird. Bei
heilbaren Erkrankungen werden Arzt und Betreuer/Bevollmächtigter
durch eine Patientenverfügung ohne Beratung also nicht gezwungen,
entgegen dem Patientenwohl eine Rettung oder lebenserhaltende
Behandlung abzubrechen.

Ein Teil der Unterstützer des Entwurfs wird einen Änderungsantrag
einbringen, der die Möglichkeit der verbindlichen Anordnung eines
Behandlungsabbruchs für Fälle irreversiblen Bewusstseinsverlusts in
einer einfachen Patientenverfügung aus dem Entwurf (§ 1901 b Abs. 3
Nr. 2) streicht. Der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bei
irreversiblem Bewusstseinsverlust soll nach Ansicht dieser
Abgeordneten nur aufgrund einer Patientenverfügung mit Beratung
möglich sein.

- Wünsche und Entscheidungen in einer Patientenverfügung sind
nicht verbindlich, wenn sie erkennbar in Unkenntnis der Möglichkeiten
medizinischer Behandlung oder späterer medizinischer Entwicklungen
abgegeben wurden, bei deren Kenntnis der Betroffene vermutlich eine
andere Entscheidung getroffen hätte.

- Eine Patientenverfügung ist an die Grenzen des rechtlich
Zulässigen gebunden: Inhalte einer Patientenverfügung, die gegen das
Gesetz oder die guten Sitten verstoßen, sind nichtig. Aktive
Sterbehilfe ist verboten. Die Basisversorgung kann nicht
ausgeschlossen werden. (Das bedeutet nicht Ernährung mittels
PEG-Sonde.)

- Ohne eine Patientenverfügung kann eine lebenserhaltende
Behandlung nur bei Vorliegen einer unheilbaren. tödlich verlaufenden
Krankheit beendet werden und wenn dies dem mutmaßlichen Willen des
Betroffenen entspricht. Anhaltspunkte für einen mutmaßlichen Willen
sind frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen des Betroffenen,
seine religiösen Überzeugungen, persönlichen Wertvorstellungen und
seine Einstellung zu Sterben und verbleibender Lebenszeit sowie
unvermeidbare und für den Betroffenen unerträgliche Schmerzen.

- Wenn eine lebenserhaltende Behandlung beendet werden soll, ist
von Betreuer und Arzt nach Beratung mit Pflegepersonen, nächsten
Angehörigen und vom Betroffenen benannter nahestehenden Personen zu
klären, ob dies dem Willen des Betroffenen entspricht und alle
Voraussetzungen vorliegen.

- Wenn nach dieser Beratung zwischen Arzt und Betreuer ein Dissens
über das Vorliegen aller Voraussetzungen besteht, entscheidet das
Vormundschaftsgericht. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist
auch dann erforderlich, wenn kein Dissens besteht, aber eine
lebenserhaltende Behandlung ohne Vorliegen einer unheilbaren, tödlich
verlaufenden Krankheit oder aufgrund des mutmaßlichen Willens des
Betroffenen abgebrochen werden soll.

Der Gesetzentwurf soll im November den Abgeordneten vorgestellt
und dann als fraktionsübergreifender Gruppenantrag im Bundestag
eingebracht werden.

Originaltext: CDU/CSU - Bundestagsfraktion
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/7846
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_7846.rss2

Pressekontakt:
CDU/CSU - Bundestagsfraktion
Pressestelle
Telefon: (030) 227-52360
Fax: (030) 227-56660
Internet: http://www.cducsu.de
Email: fraktion@cducsu.de


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