Allg. Zeitung Mainz: zu Castor/Atom
Geschrieben am 04-11-2008 |
Mainz (ots) - Es ist noch nicht lange her, da ließen Castor-Transporte und die mit ihnen einhergehenden Proteste die Republik erbeben. Nun ist es bedeutend ruhiger geworden um das Thema Atomkraft; das hat vermutlich mit der drohenden Wirtschaftskrise zu tun. Viele Bürger beschleicht verständlicherweise Angst vor finanziellen Engpässen, vor langfristig vielleicht doch wieder steigenden Energiepreisen. Kernkraft, so hören sie von einschlägig engagierten Unternehmen, sei da ein Ausweg, kostengünstig, sicher, mithin unverzichtbar. Die Große Koalition hat sich zwar darauf verständigt, am Schröderschen Atomausstieg nicht zu rütteln. Die Kanzlerin lässt aber keinen Zweifel daran, dass eine schwarz-gelbe Bundesregierung den Ausstieg aus dem Ausstieg probieren würde. Im hessischen Biblis versucht RWE, den Meiler über die mögliche Zielline - Bundestagswahl 2009 - zu retten. Nachdem in Wiesbaden gerade der Plan einer links-tolerierten rot-grünen Minderheitsregierung krachend an die Wand gefahren ist, wird die aktuelle politische Großwetterlage für die Atomkraft auch nicht gerade ungünstiger. Allerdings hat die Grundfrage Atom, Ja oder Nein, Auswirkungen, die viele hundert Jahre in die Zukunft reichen. Da wäre es fatal, Energiepolitik unter dem Eindruck temporärer Erscheinungen zu gestalten; die Finanzkrise wird zwar für Monate oder Jahre schmerzhaft bleiben, aber - wenn nicht völlig irrwitzige Dinge geschehen - keinesfalls das Leben dieser und kommender Generationen prägen. Wie auch immer die nächste Bundestagswahl ausgeht: Die politischen Entscheidungsträger sollten am Atomausstieg festhalten. Die Risiken der Kernkraft sind schlicht nicht vertretbar, vor allem ist die Endlagerfrage nicht gelöst. Wirtschaftlich sinnvolle und technisch realistische Alternativen sind vorhanden. Und dass Kernkraftwerke für Unternehmen ganz besonders lukrativ sind, sollte nicht allen Ernstes als Argument ins Feld geführt werden.
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