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Boersen-Zeitung: Die Rettung für den Feiertag, Kommentar von Dieter Kuckelkorn zur Abschaffung des Feiertagshandels an den deutschen Börsen

Geschrieben am 13-06-2006

Frankfurt (ots) - Man stelle sich einmal vor: An Wall Street würde
am Unabhängigkeitstag, dem 4. Juli, ganz normal Aktienhandel
getrieben, so als hätte Amerika niemals seine Freiheit von der
britischen Krone erkämpfen müssen. In Paris hätte die Grande Nation
den Sturm auf die Bastille vergessen und würde zulassen, dass an
Euronext Paris wie an jedem normalen Arbeitstag gehandelt wird. In
London würde die Financial Community ihre fast schon als heilig
angesehenen Bank Holidays in den Wind schießen und sich für
zusätzliche Arbeitstage in den Handelssälen und Büros versammeln.
Dies alles ist ziemlich undenkbar.

Und wenn die Börsen in New York, Paris und London doch den
Feiertagshandel gegen alle Vernunft einführen würden, so wären die
Händler weitestgehend unter sich. Die Anleger würden durch
Abwesenheit glänzen, die Umsätze wären vernachlässigenswert.

Nun gibt es bekanntlich einen führenden Börsenplatz, auf dem
bislang jedenfalls noch an vier amtlichen Feiertagen Handel getrieben
wird. Die Deutsche Börse und in ihrem Fahrwasser die Regionalbörsen
bieten Anlegern seit 1999 den Feiertagshandel an Christi Himmelfahrt,
Pfingstmontag, Fronleichnam und am Tag der deutschen Einheit an. Wie
nicht anders zu erwarten, sind die Volumina gering, die
Kursbewegungen teilweise erratisch. Dem geringen Nutzen des
Feiertagshandels stehen hohe Kosten gegenüber. Denn neben den
Systemen der Deutschen Börse und der Regionalplätze muss der gesamte
Apparat des Finanzplatzes aus Back Offices, Datennetzen und sogar
Zahlungsverkehrssystemen am Laufen gehalten werden. Die Abschaffung
des ungeliebten Feiertagshandels ist daher überfällig.

Dem Vernehmen nach sperrt sich die Deutsche Börse nicht mehr gegen
diesen Schritt, zumal der Initiator des Feiertagshandels, der
ehemalige Börsenchef Werner Seifert, längst Reto Francioni Platz
gemacht hat. Zu Seiferts Ehrenrettung sei allerdings angemerkt, dass
die Entscheidung Ende der neunziger Jahre längst nicht so abwegig
war, wie sie heute manchem Beobachter erscheinen mag. Seifert sah
sich von US-Börsen unter Druck gesetzt, die so etwas wie einen
globalen Aktienhandel rund um die Uhr einführen wollten. Daraus wurde
bekanntlich nichts, aber dem deutschen Aktienmarkt blieb der
Feiertagshandel als Anachronismus aus den Zeiten des Börsen-Hype
erhalten.

(Börsen-Zeitung, 14.6.2006)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Rückfragen bitte an:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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