Westdeutsche Zeitung: Hauptschule = von Anja Clemens-Smicek
Geschrieben am 13-11-2008 |
Düsseldorf (ots) - Eindeutiger hätte das Signal der Kultusminister nicht ausfallen können: Die Hauptschule hat in Deutschland keine Zukunft mehr. Wenn die Politik der Ansicht ist, dass Bildungsstandards dort keine Gültigkeit haben, koppelt sie eine ganze Schulform vom allgemeinbildenden Schulwesen ab. Die Hauptschule wird nicht nur den Stempel "Restschule" nie mehr los, sie bekommt sogar noch einen zweiten, ebenso hässlichen aufgedrückt: "Verwahranstalt". Denn nichts anderes ist eine Schule, in der Kindern und Jugendlichen nicht zugetraut wird, Leistung zu erbringen. Und sie wird mit der Sonderschule in einen Topf geworfen. Diese Erkenntnis ist ein Schlag ins Gesicht der Lehrer, die sich Tag für Tag unter oftmals schwierigsten Bedingungen engagieren. Sie müssen mit den Problemfällen arbeiten, denen Gymnasium, Realschule & Co. die Tür verschließen. Es ist aber auch ein Schlag für die Schüler, die deutlicher als jemals zuvor gezeigt bekommen: Das Schulsystem gibt dich auf - deine Endstation heißt Hartz IV! Welch eine Ironie: Erst im Oktober hatten sich die Länder auf einem groß inszenierten Bildungsgipfel darauf verständigt, die Zahl der Abgänger ohne Hauptschulabschluss von derzeit rund acht Prozent eines Jahrgangs zu halbieren und die Schulform zu stärken. Übrig geblieben ist eine Bankrotterklärung der Kultusminister. Dennoch verschließt die Politik vor dem eigentlichen Problem immer noch die Augen, und das gilt in besonderem Maße für die CDU. Nehmen wir die nordrhein-westfälische Landesregierung: Seit ihrem Amtsantritt investiert sie überdurchschnittlich in die Hauptschule und redet deren Zustand schön. Entscheidend aber sind die Anmeldezahlen, und die gehen Jahr für Jahr dramatisch zurück. Eine Hauptschule nach der anderen kämpft ums Überleben. Denn die Eltern wissen es besser. Sie schicken ihre Kinder lieber in die Gesamtschule, weil sie ihnen einen Rest von Zukunftsperspektiven erhalten wollen. Selbst die FDP im Land hat inzwischen erkannt, dass die Systemfrage nicht länger tabu sein darf, wenn man das Recht auf Bildung ernst nimmt. Über den Sinn und Unsinn ihrer Idee einer Mittelschule lässt sich trefflich streiten. Nicht aber über ein Schulsystem, das längst an seine Grenzen gestoßen ist.
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