Westfalenpost: Epochenwende?
Das Elterngeld ist auf dem Weg
Geschrieben am 14-06-2006 |
Hagen (ots) - Von Winfried Dolderer
Glaubt man der Ministerin, dann haben wir gestern einer familienpolitischen Epochenwende beigewohnt. Dann dokumentiert das Elterngeld erstmals, dass Kinder der Gesellschaft nicht gleichgültig sind. Das freilich sind sie schon seit langem nicht. Es gäbe ja sonst kein Kindergeld, kein Erziehungsgeld, keinen Kinderfreibetrag, keine kostenfreie Kinderversicherung. Auf 100 Milliarden im Jahr beläuft sich den vorsichtigsten Schätzungen zufolge die Summe, in der sich das Interesse der Gesellschaft an Kindern dokumentiert. In kaum einem anderen Land wird für Familien soviel ausgegeben und werden gleichwohl sowenig Kinder geboren. Warum sollte sich daran etwas ändern, wenn der Staat noch eine Milliarde drauflegt und sie dorthin kanalisiert, wo Kinder so erwünscht wären wie sie derzeit vermisst werden, in der qualifizierten Mittelschicht? Darum geht es beim Elterngeld. Es gibt vergleichbare Modelle in anderen europäischen Ländern. Man kann von dort lernen, dass mehr Kinder geboren werden, wo junge Frauen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Dieses Argument hat die Ministerin auf ihrer Seite. Sie muss aber auch wissen, dass sie wenig zu gestalten hat. Das Betreuungsangebot etwa ist Sache der Länder. Da kann eine Bundesregierung nicht mehr als gut zureden. Ebenso, wenn es darum geht, Arbeitgeber zur Rücksicht auf junge Eltern anzuhalten. Letzlich hat doch die Entscheidung für Kinder mit staatlichen Geldleistungen am wenigsten zu tun. Sondern viel mehr mit solchen Dingen wie Zukunftsvertrauen, Optimismus, einfach Kinderliebe. Was vermag da schon eine Regierung?
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