Lübecker Nachrichten: Historiker Mommsen sieht keinen neuen deutschen Patriotismus
Geschrieben am 15-06-2006 |
Lübeck (ots) - Die zahllosen schwarz-rot-goldenen Fahnen und das Singen der deutschen Nationalhymne in den WM-Stadien sind für den renommierten Historiker Hans Mommsen kein Zeichen für einen neuen deutschen Patriotismus. "Es ist mehr eine Art kollektiver Spieltrieb oder Party-Stimmung", sagte Mommsen den "Lübecker Nachrichten" (Freitag-Ausgabe). Deshalb müsse auch niemand Sorge vor einer solchen Entwicklung haben. Er zeigte auch wenig Verständnis für die Kritik der Lehrergewerkschaft GEW an der deutschen Nationalhymne als "furchtbares Loblied". Die Nationalhymne sei "für die, die sie singen, sicherlich kein Loblied auf die Nation. Sie hat einen emotionalen Stellenwert, ist ein Erkennungssymbol." Mommsen sagte weiter, er teile auch die Sorge nicht, dass da eine Stimmung entsteht, die den Rechtsradikalen in die Hände spielt. "In Deutschland sind die Entwicklungsmöglichkeiten für den Rechtsradikalismus eher gering, auch wenn er in einzelnen regionalen Enklaven noch stark ist. Im europäischen Vergleich spielt er in Deutschland nur eine geringe Rolle", sagte der Historiker, der sich seit Jahrzehnten intensiv mit der Geschichte und den Wurzeln des Nationalsozialismus und Rechtsextremismus beschäftigt.
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