Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:
Geschrieben am 24-11-2008 |
Bielefeld (ots) - Wem sagt der Name Wolfgang Göbel noch etwas? Er saß am Steuer, als Terroristen am 7. April 1977 das Feuer auf den Mercedes des Generalbundesanwalts Siegfried Buback eröffneten. Neben Buback und seinem Fahrer starb auch der Polizist Georg Wurster im Kugelhagel. 34 Morde werden der Roten Armee Fraktion (RAF) zugerechnet. Begangen an Repräsentanten des Staates, der Wirtschaft, aber auch an kleinen Leuten wie Wolfgang Göbel. Trotzdem kommt nun eine der früheren zentralen Figuren dieser Verbrecherorganisation vorzeitig frei, wie es gestern das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden hat: Christian Klar, der unter anderem wegen seiner Teilnahme an der Ermordung Siegfried Bubacks zu sechs Mal lebenslänglich verurteilt worden war, darf im Januar das Gefängnis verlassen. Das Herz schreit nein, aber der Kopf sagt ja: Die Stuttgarter Richter konnten nur so entscheiden, wie sie es getan haben. Denn schon vor Jahren hatte der Bundesgerichtshof festgelegt, dass auch »Lebenslange« die Perspektive haben müssen, irgendwann wieder freizukommen. Und so kann heute jeder, der zur Höchststrafe verurteilt worden ist, nach 15 Jahren Haft erstmals beantragen, den Rest der Strafe zur Bewährung auszusetzen. Bei Christian Klar hatte diese Prüfung durch das Oberlandesgericht Stuttgart 1998 ergeben, dass er wegen seiner besonders schweren Schuld mindestens 26 Jahre verbüßen muss. Dieser Mindest-Zeitraum endet 2009, so dass es gestern um die Frage ging, ob Klar weiterhin ein Sicherheitsrisiko für uns ist. Und das verneinten die Richter, zumal sich die RAF 1998 aufgelöst hatte. Natürlich fällt es nicht leicht, den Richterspruch so rational zu bewerten. Denn Klar ist erwiesenermaßen niemand, der geläutert ist, der bereut, der mit den Hinterbliebenen empfindet. Im Gegenteil: Michael Buback quält es bis heute, dass er nicht weiß, wer bei der Ermordung seines Vaters welche Rolle gespielt hat. Für Klar wäre es ein Leichtes, Namen zu nennen. Sicher: Damit verriete er Komplizen, aber gerade das wäre ein Zeichen wirklicher Umkehr. Doch dies beabsichtigt der Ex-Terrorist ja gar nicht. Noch 2007 äußerte er aus der Haft heraus die Hoffnung, »die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden«. Folgerichtig hatte Bundespräsident Horst Köhler dem Mörder die Begnadigung verweigert, um die er gebeten hatte. Keine Gnade, aber Recht - das ist es, was Christian Klar gestern bekommen hat. Der Rechtsstaat, den er aufs Brutalste bekämpft hatte, hat seine Stärke gezeigt und Klar wie jeden anderen Häftling behandelt. Bedrückend ist allerdings, dass es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit ist, bis Klar bei Kerner & Co. auf der Couch sitzt. Das erste öffentlichkeitswirksame Angebot hat er schon: Der Berliner Regisseur Claus Peymann hat dem Ex-Terroristen eine Praktikantenstelle angeboten. »Aus Gründen der Resozialisierung«. Geht es noch heuchlerischer?
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
172504
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert: Bielefeld (ots) - Der ehemalige Bundesminister Wolfgang Clement wird nicht aus der SPD ausgeschlossen. Mit diesem Spruch hat die Bundesschiedskommission der Partei gestern im letzten Moment eine innerparteiliche Explosion mit nicht abschätzbaren Folgen für die Sozialdemokraten abgewendet. Das Sprengpotential, das zwischen den Flügeln in der Partei vorhanden ist, ist damit aber noch längst nicht beseitigt. Linke in der Partei wie Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner hätten sich über einen Rausschmiss gefreut. Stegners Umgang mit Clement, mehr...
- Westdeutsche Zeitung: Christian Klar = Von Peter Kurz Düsseldorf (ots) - Die Richterschelte erscheint auf den ersten Blick gerechtfertigt - angesichts der Entscheidung über die Freilassung des Ex-RAF-Terroristen Christian Klar. Der wegen Mehrfachmordes Verurteilte hat schwerstes Unrecht auf sich geladen. Und auch mehr als 30 Jahre nach seinen Taten zeigt er keinerlei Reue, geschweige denn entschuldigt er sich bei den Angehörigen seiner Opfer. Die aber müssen ein Leben lang mit den Folgen der Taten leben. Und der Täter? Der darf ein Praktikum am Berliner Ensemble antreten. Das kann zornig mehr...
- Bundespräsident Köhler überreicht Roland Berger Preis für Menschenwürde an Somaly Mam aus Kambodscha München/Berlin (ots) - Sperrfrist: 24.11.2008 21:00 Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der Sperrfrist zur Veröffentlichung frei gegeben ist. Bei einem Festakt in Berlin hat Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler den mit einer Million Euro dotierten "Roland Berger Preis für Menschenwürde" an die kambodschanische Menschenrechtsaktivistin Somaly Mam überreicht. Mit dem Preis ehrt die Roland Berger Stiftung den Einsatz der Preisträgerin gegen sexuelle Sklaverei und Menschenhandel von Kindern, Jugendlichen mehr...
- LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu SPD/Clement - Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder. CDU-Chefin Merkel kann sich freuen und von Spaltungstendenzen in der Union ablenken. Doch für die Stabilität der deutschen Demokratie ist es kein gutes Zeichen, was sich derzeit in der SPD abspielt. Für Schadenfreude oder Krokodilstränen besteht wenig Anlass. Denn mit einer seltsamen Lust an Streit und Untergang zerlegt sich die SPD selbst als Volkspartei. Bei den Sozialdemokraten fällt Stück für Stück auseinander, was schon längst nicht mehr zusammengehört. Linker und gemäßigter Flügel stehen inhaltlich mehr...
- Ostsee-Zeitung: Siemens-Prozess/Schelsky Rostock (ots) - Wie ein verborgener Sonnenkönig residierte Wilhelm Schelsky in Greifswald. Obwohl nur wenige Normalbürger in der Stadt mit seinem Namen etwas anfangen konnten, war sein Wirken unübersehbar. Als Retter sprang er ein, als Siemens einen Greifswalder Produktionsstandort dichtmachte. Dank seines Geldes ging der Betrieb weiter. CDU-Politiker, allen voran der Bundestagsabgeordnete Ulrich Adam, freuten sich über üppige Spenden.Im Geben war Schelsky ganz groß. Was hat er bloß falsch gemacht? Schelsky war der Geheimagent von Siemens. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|