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Berliner Morgenpost: Weihnachten ist die große Zeit für Pro Reli - Kommentar

Geschrieben am 29-11-2008

Berlin (ots) - Ein Selbstläufer, wie von den meisten
Pro-Reli-Sympathisanten wohl vermutet, ist das Volksbegehren für ein
Wahlpflichtfach Religion an Berlins Schulen nicht. Trotz gut einer
Million Christen, mehr als 100.000 Muslimen und einer jüdischen
Gemeinde mit mehr als 10.000 Mitgliedern sind bislang nicht einmal
die Hälfte der notwendigen 170.000 Stimmen zusammengekommen, um alle
Berliner ähnlich wie bei der Causa Tempelhof zum Volksentscheid
aufzurufen. Zu den vielen Missverständnissen rund um die
Pro-Reli-Kampagne zählt der Irrglaube, die Forderung nach
Wahlfreiheit zwischen gezieltem Religions- und allgemeinem
Ethikunterricht sei eine allein christliche. Juden, Muslime und
weitere Religionsgemeinschaften teilen den Wunsch nach einem eigenen
Glaubensunterricht unter staatlicher Aufsicht an den Schulen. Denn
nur wer seine Wurzeln kennt, aus denen sich die Grundwerte für sein
Leben ableiten, verfügt über einen Kompass zur geistigen wie
kulturellen Orientierung.
Der vom Senat als allein verpflichtend sanktionierte Ethikunterricht
leistet diese "Wurzelkunde" nicht. Seine Zielrichtung ist der
tolerante Umgang in einer multikulturell geprägten Stadt wie Berlin.
Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden. Aber wird diesem -
inhaltlich bedingt - zur Oberflächlichkeit tendierenden Fach ein
Alleinstellungsmerkmal eingeräumt und das Fach Religion bewusst an
den Rand gedrückt, dann kommt Ideologie ins Spiel. Religion nur noch
als freiwilliges Zusatzfach am Ende eines ohnehin überfrachteten
Schultags kann doch schon mittelfristig nur ein Ziel haben: Religion
ganz raus aus der Schule.
Dass sich besorgte Eltern dagegen wehren, kommt einem Gebot gleich.
Auch dass die mehrheitlich atheistische Berliner Linkspartei ex PDS
keinen Religionsunterricht will, überrascht nicht. Dagegen verwundert
die Verbissenheit, mit der führende Berliner Sozialdemokraten wie
Parteichef Michael Müller gegen Pro Reli polemisieren. Alles andere
als freundlich sind auch die Auflagen des Senats, nach denen jeder
einzelne Unterschriftenstand für Pro Reli in den jeweiligen Bezirken
beantragt und genehmigt werden muss. Für einen Senat, der sich mehr
Bürgerbeteiligung auf die Fahne geschrieben hat, ist das höchst
widersprüchlich. Und auch nicht für alle Genossen akzeptabel. Dieser
Tage hat sich die dem linken Parteiflügel zugehörende SPD-Vizechefin
Andrea Nahles für die Wahlfreiheit im Sinne von Pro Reli
ausgesprochen, und innerhalb der Berliner SPD sympathisieren viele
Mitglieder des Bündnisses "Aufbruch" mit dem Volksbegehren.
Dem fehlt bislang der emotionale Schwung der Tempelhof-Kampagne. Aber
die Gegner sollten sich nicht zu früh freuen. Die große Zeit von Pro
Reli kommt erst noch. Weihnachten naht. Die christliche Botschaft
wird viele bislang Zaudernde beflügeln, sich zum Erhalt der Religion
in Berlins Schulen zu bekennen.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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