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WAZ: Ganztagsschulen - Familien warten schon lange genug - Leitartikel von Peter Szymaniak

Geschrieben am 02-12-2008

Essen (ots) - Bei allen Parteien ist heute unbestritten, dass wir
deutlich mehr Ganztags-Bildungseinrichtungen benötigen. Deutschland
hinkt international hinterher: Mehr berufstätige Eltern, die bessere
Vereinbarkeit von Kindern und Beruf, aber auch die zunehmend
desaströse soziale Lage bildungsferner Familien machen in allen
Industrieländern mehr Ganztags-Kindergärten und Ganztagsschulen
erforderlich. Die frühere rot-grüne Landesregierung hat diese
Entwicklung trotz aller rhethorischen Modernitäts-Versprechen
verschlafen: Nur zögerlich packten sie die Ausstattung der
Grundschulen mit Ganztagsbetreuung an, vor dem geplanten allmählichen
Ganztagsausbau der Gymnasien, Real- und Hauptschulen kam 2005 der
Machtwechsel.

Trotz der engagierten und teuren Bildungspolitik der neuen
Regierung verlor NRW aber schon wieder Zeit: Denn CDU und FDP
glaubten zunächst, sich beim Ganztag nur auf die Hauptschulen mit
ihren vielen sozial schwachen Kindern konzentrieren zu können - zur
Rettung einer Schulform, die von immer weniger Eltern freiwillig
gewählt wird. So hat NRW heute nur 27 Gymnasien und 22 Realschulen im
Ganztagsbetrieb. Erst durch die heftigen Proteste der
Gymnasial-Eltern, geschockt von der Mega-Belastung ihrer Kinder durch
die Abitur-Schulzeitverkürzung ohne Chance auf ein ordentliches
Mittagessen, kam die Kehrtwende: Im Frühjahr stampfte
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ein
180-Millionen-Euro-Investitionsprogramm für Ganztagsunterricht an
Realschulen und Gymnasien aus dem Boden.

Das wären gerade mal zwei Gymnasien und zwei Realschulen pro
Kreis, die mit der fünften Klasse ganztags starten. Das ist viel zu
wenig, immerhin aber ein Anfang.

Nun hakt jedoch auch dieses Programm. Da wehren sich Rektoren
gegen den Ganztagsbetrieb, weil nicht alle Eltern ihrer Schule ihre
Kinder so lange abgeben wollen; da zeigen sich Städte nicht Willens,
mehr Geld für Bildung auszugeben; da geben andere Kommunen an, so arm
zu sein, dass sie ihren Eigenanteil nicht aufbringen können und
dürfen. Somit würde der Ganztag gerade dort vorbeigehen, wo meist
besonders belastete Familien leben.

Doch gegenseitige Schuldzuweisungen nützen jetzt niemanden: Eine
klare Analyse muss her, die Schwächen des Programms müssen so schnell
wie möglich behoben werden. Notfalls muss das Land seine Gelder trotz
Finanzmisere doch noch einmal aufstocken. Gewartet haben Familien in
NRW schon lange genug.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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