Allgemeine Zeitung Mainz: Nein-Sager und Missionare Kommentar über das Lesen
Geschrieben am 04-12-2008 |
Mainz (ots) - Die Welt geht nicht unter, wenn ein Teil der Bevölkerung bekennt, niemals zum Buch zu greifen. Dass dieser Teil mit 25 Prozent, wie jetzt eine Studie der Stiftung Lesen herausgefunden hat, ziemlich hoch ist, sei unumwunden zugestanden. Und derjenige, der die Wonnen des Lesens kennt, kann diejenigen, die sich alledem verschließen, nur von Herzen bedauern. Aber ob sich hier ein alarmierender Abwärtstrend offenbart, darf doch bezweifelt werden. Es hat zu jeder Zeit einen harten Kern Leseunlustiger gegeben - ob nun elektronische Ablenkungen zur Verfügung standen oder nicht. Es hat sogar ganze Epochen gegeben, in denen Lesen als nichtsnutzige Beschäftigung galt. Das ist lange her, das hat sich geändert. Aber machen wir es uns mit dem generellen Lob des Lesens nicht ein bisschen zu einfach? Ein schlechtes Buch zu lesen, bedeutet schließlich auch Lesen. Haben wir dafür trotzdem Applaus zu zollen? Umgekehrt können ein anspruchsvoller Film, ein gutes Fernsehprogramm genauso wichtige Inhalte vermitteln und genauso tragfähige Denkanstöße vermitteln wie ein vernünftiges Buch. Die Frage "Lesen Sie - ja oder nein?" greift jedenfalls zu kurz. Der Leser ist nicht an sich schon der wendigere, pfiffigere Zeitgenosse - und der bessere schon gar nicht. Die Mainzer Stiftung Lesen, deren Wirken gut und nützlich ist, neigt gelegentlich zu Überpointierungen bei Themen wie Leseunfähigkeit und Lektüreunwilligkeit. Wer aber zu eifrig seine Mission verfolgt, wird den Nein-Sager in seiner Verweigerung eher bestärken, als ihn aus seiner Ecke zu locken.
Originaltext: Allgemeine Zeitung Mainz Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65597 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65597.rss2
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