Überlebensstrategie für Krankenkassen / Symposium warnt vor Monopol durch Einheitskasse
Geschrieben am 05-12-2008 |
Düsseldorf (ots) - Mit dem Start des Gesundheitsfonds in vier Wochen droht Deutschland ein Weg zur Einheits-Krankenkasse. Vor schweren Verwerfungen im Gesundheitssystem warnten am gestrigen Donnerstag zahlreiche Gesundheitsexperten auf einem Symposium im Düsseldorfer Hotel InterContinental. Auf Einladung der BKK Essanelle diskutierten Vertreter von verschiedenen Krankenkassen-Arten (BKK, AOK, DAK) sowie Klinik- und Pharmavertreter und die Kassenärztliche Vereinigung, welche Folgen der umstrittene Fonds ab 2009 haben wird.
Der Gesundheitsfonds sei für viele Krankenkassen existenzbedrohend und werde die Vielfalt des Krankenkassenmarktes drastisch reduzieren, prognostizierte Gastgeber Jürgen Hahn, Vorstandsvorsitzender der BKK Essanelle. Dabei konsolidiere sich der Markt ohnehin längst von allein. "Nun aber wird Größe entscheidender sein als Qualität."
Auch wirtschaftlich und medizinisch bringe der Fonds keine Vorteile - im Gegenteil, urteilte Gastredner Prof. Günter Neubauer, Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomik im München: Der Gesundheitsfonds verstärke den Trend zur Basisversorgung und löse nicht das Grundproblem, die fatale finanzielle Abhängigkeit des Gesundheitssystems vom sozialversicherungspflichtigen Einkommen. "Stattdessen werden 170 Milliarden Euro nach Kriterien neu verteilt, die nur eine Handvoll Menschen verstanden haben."
Neubauer kritisierte die "sozialistische Vorstellung von Gleichheit": Gleicher Beitragssatz, gleiche Preise für Arzneimittel und gleiche Preise für eine Darmoperation, egal ob in München oder in Görlitz - das sei "ökonomisch ein großer Fehler". Zudem sei die Neuberechnung des Risikostrukturausgleiches zwischen den Kassen (Morbi-RSA) mit rund 3800 definierten, geldwerten Diagnosen "ein Abenteuer, das mindestens zwei Jahre Probelauf gebraucht hätte".
Große Unsicherheiten sehen die Kassenvertreter auch bei der gesamten Finanzkalkulation. Zudem schüre die Politik gezielt Vorurteile, beklagte Guido Frings, Vorstand der BKK Essanelle: "Im Gegensatz zu manchen Äußerungen aus Berlin arbeiten wir wirtschaftlich und transparent, und wir werden trotz der Widrigkeiten des Gesundheitsfonds das Beste für unsere Versicherten tun." Kleinere Kassen seien offenbar nicht mehr erwünscht. "Aber Größe allein spart keine Verwaltungskosten."
Nun müssen die Kassen schnell handeln: "2009 wird ein entscheidendes Jahr", bilanzierte Jürgen Hahn. "Wir brauchen eine solide Finanzpolitik, besten Service, sinnvolles Versorgungsmanagement, eine Zielgruppen-Ausrichtung, regionale Stärke und durchdachte, freiwillige Fusionen." Nur so könne gewährleistet sein, dass auch in knapp zehn Jahren noch 30 oder 50 Krankenkassen existierten und damit ein Minimum an Wettbewerb. Dabei sei es durchaus denkbar, eine Kasse wirtschaftlich zu führen wie eine Privatversicherung und nicht wie eine Körperschaft öffentlichen Rechts.
Die nächste Gesundheitsreform aber, darin waren sich die Experten einig, werde bald folgen, vermutlich zwei Jahre nach der Bundestagswahl 2009. Es sei zu befürchten, dass der Gesundheitsfonds dann unumkehrbar geworden sei.
Originaltext: BKK Essanelle Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/54874 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_54874.rss2
Pressekontakt: Britta Wilms Pressesprecherin Telefon 0211 5801-1745 Telefax 0211 5801-2745 E-Mail britta.wilms@bkk-essanelle.de
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