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Börsen-Zeitung: Das Damoklesschwert, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 05-12-2008

Frankfurt (ots) - Wenn sich die "Bild-Zeitung" auf ihrer ersten
Seite zu einem so abstrakten Thema wie die Konjunktur einlässt, wie
dies am Freitag der Fall war, dann muss auf diesem Gebiet schon etwas
Gravierendes vorgefallen sein. In der Tat: Es droht, wie uns das
Blatt wissen lässt, die "Brutal-Rezession". Norbert Walther,
Chefvolkswirt der Deutschen Bank, warnt per Interview des
Boulevardblatts mit großer Breitenwirkung, es drohe die Gefahr, dass
das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2009 um bis zu 4% schrumpft. Das
wäre dann, so "Bild", die größte Krise seit Bestehen der
Bundesrepublik.

Will man herausfinden, wie es um die Konjunktur 2009 wirklich
bestellt ist, muss man von der zur Schau gestellten Dramatik
sicherlich einiges abziehen. Der Auftritt Walthers ist in
Zusammenhang mit anderen Äußerungen von Politikern und Volkswirten zu
sehen, mit denen die sich sträubende Bundesregierung zu einem
umfangreichen Konjunkturpaket-am besten nach französischem Vorbild in
zweistelliger Milliardenhöhe - gedrängt werden soll. Und wie Walther
selbst betont, ist das von ihm beschriebene Horrorszenario auch nicht
das Allerwahrscheinlichste.

Gleichwohl wird deutlich, dass sich die allgemeine Stimmung
geändert hat. Die Rezession wird allmählich auch von breiten
Schichten der Bevölkerung ernst genommen. Und die Makrodaten sahen
zuletzt immer schlechter aus, mit einbrechenden Auftragseingängen und
kollabierenden Geschäftsklimaindizes. Dies alles könnte Rückwirkungen
auf den Konsum - insbesondere das für den Einzelhandel äußerst
wichtige Weihnachtsgeschäft - haben.

Auch die Anleger sind wieder deutlich besorgter, wie an den
niedrigen Kursen abzulesen ist. Denn wie die Analysten der WestLB zu
recht anmerken: Ein großer Teil der unvermeidlichen dämpfenden
Auswirkungen auf Investition, Konsum, Gewinne und Arbeitsmärkte ist
noch unterwegs-selbst wenn die Finanzkrise ihren Höhepunkt
überschritten haben sollte. Und dass die Analysten von Merrill Lynch
nun für 2009 einen Rückgang des Ölpreises bis unter 25 Dollar je
Barrel voraussagen, ist auch ein Hinweis darauf, wie stark die
Rezession auszufallen droht. Zur Erinnerung: Noch im Juli mussten für
das Fass US-Leichtöl in der Spitze mehr als 140 Dollar bezahlt
werden. Am Freitag kamen dann noch desaströse Zahlen vom
US-Arbeitsmarkt herein: Im November gingen netto mehr als eine halbe
Million Jobs verloren. So schlimm war die Arbeitsmarktlage in den USA
seit 40 Jahren nicht mehr.

Der Dax hat dementsprechend in der gerade zu Ende gegangenen
Börsenwoche 6,2% eingebüßt, der Stoxx50 ist unter 2000 Punkte
gerutscht. Bezeichnend ist, dass diese Verluste in einem Umfeld
stattgefunden haben, das durch die umfangreichste Zinssenkung in der
(zugegebenermaßen noch nicht sehr langen) Geschichte der Europäischen
Zentralbank gekennzeichnet ist. Damit ist die Erholung an den
Aktienmärkten wohl schon wieder vorbei, die Rallys haben sich als
Strohfeuer erwiesen.

Auch für die neue Börsenwoche ist zu erwarten, dass sich die
Anleger mit Aktienkäufen stark zurückhalten werden. Wie es die
Analysten der Landesbank Baden-Württemberg ausdrücken: Die anhaltende
Risikoaversion verhindert eine nachhaltige Erholung. Ferner dürften
sich die zur Veröffentlichung anstehenden Makrodaten aus Europa und
den USA als Belastung für die Aktienmärkte erweisen.

So werden wohl am Dienstag die ZEW-Konjunkturerwartungen, die
bereits im November sehr schlecht ausgefallen sind, weiter
abrutschen. Am Freitag dürften dann die Zahlen zu den amerikanischen
Einzelhandelsumsätzen im November von einem weiteren empfindlichen
Rückgang künden.

Zudem schwebt über der Wall Street - und in der Folge auch über
den europäischen Märkten - ein Damoklesschwert: Es ist noch nicht
absehbar, ob der amerikanische Kongress oder die US-Regierung den
drei Autoherstellern General Motors (GM), Ford und Chrysler in
ausreichendem Umfang unter die Arme greifen wird, sodass Anträge auf
Gläubigerschutz nach Chapter 11 der US-Konkursordnung vermieden
werden können. Akut gefährdet ist GM - ein Bankrott des Giganten
würde Schockwellen auf den Aktienmärkten auslösen.

(Börsen-Zeitung, 6.12.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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