Westdeutsche Zeitung: Autobranche kämpft ums Überleben = von Ingo Faust
Geschrieben am 11-12-2008 |
Düsseldorf (ots) - Dass die weltweite Finanzkrise die Autobranche so schnell mit in den Strudel reißt, hat vor Monaten niemand erwartet. Das Beben, das die am US-Immobilienmarkt geplatzte Blase in der Realwirtschaft verursacht hat, war ebenfalls nicht vorhersehbar. Der Domino-Effekt, mit dem die Autobauer jetzt Zulieferer, Stahlindustrie und demnächst Dienstleister umwirft, war dagegen absehbar. Seit Jahrzehnten haben VW, Daimler und Co. eigene Warenlager abgeschafft und auf termingenau auf den Autobahnen verkehrende Lastwagen verlagert (Just-in-Time-Fertigung). Fällt wegen Kurzarbeit oder Zwangsferien die Abnahme aus, bekommen die Zulieferer innerhalb von Tagen Probleme. Auch die Stahlindustrie bleibt auf ihren Autoblechen sitzen und muss ebenfalls ihre Produktion drosseln. Thyssen-Krupp geht demnächst in die Kurzarbeit, andere Stahlhersteller entlassen bereits. Der Düsseldorfer Dax-Konzern ist zu einem Viertel vom Auto abhängig. Viele Autozulieferer haben noch zusätzliche Probleme - zum Teil hausgemacht, zum Teil vom Markt diktiert. Spätestens seit den Zeiten des legendären VW-Sparkommissars Lopez wird beim Einkauf von Bremsen, Scheinwerfern oder ganzen Bauteilen von den Herstellern um jeden Cent gefeilscht. Wer als Zulieferer nicht mitspielt, wird von der Lieferantenliste gestrichen. Auch das hat dazu geführt, dass die Zulieferer in schlechteren Autoabsatzzeiten finanziell auf wackligen Beinen stehen. Den Todesstoß haben ihnen aber die Heuschrecken versetzt, die über diese Mittelständler hergefallen sind. Einige von ihnen wurden mehrfach gekauft und verkauft. Und jedesmal war mit den angeblichen Sanierungen ein Stück Eigenkapital weg. Jetzt ist diese Decke so dünn geworden, dass die Autozulieferer ums Überleben kämpfen müssen. Bei diesem Kampf darf der Staat - anders als bei den Autobauern - die Zulieferer nicht alleine lassen. Die Betriebe sind operativ meist gesund. Wegen aufgebürdeter Schulden haben sie aber oft keinen Kredit mehr, jedenfalls nicht bei unseren derzeit sehr argwöhnischen Banken. Mit Bürgschaften ließe sich die vorübergehende Geldnot beseitigen. Allerdings: Überkapazitäten müssen auch bei Zulieferern - wie bei den Autoherstellern - vom Markt verschwinden.
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