LVZ: SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach spricht öffentlich gegen Gesundheits-Fonds und festgeschriebene Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung, schlägt aber schriftlich genau dieses Modell vor
Geschrieben am 20-06-2006 |
Leipzig (ots) - Entgegen seiner öffentlichen Proteste gegen den Gesundheits-Fonds und gegen die Unions-Forderung, den Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung einzufrieren, spricht sich SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach jetzt in einem internen Forderungspapier ausdrücklich für den Gesundheits-Fonds und für das Einfrieren des Arbeitgeberanteils aus. Teile der SPD-Führung haben deshalb Lauterbach, nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstag-Ausgabe), "widersprüchliches Verhalten" und auch eine "Störung der Verhandlungen über den Gesundheits-Fonds" vorgeworfen. In der Sache allerdings stellte sich die SPD-Spitze am Montag hinter dessen Papier zum Gesundheits-Fonds.
Zugleich macht sich Lauterbach dafür stark, zukünftig den Arbeitnehmerbeitrag zur Krankenversicherung nicht mehr automatisch mit der monatlichen Gehaltsabrechnung zu verbuchen. Er wolle eine "Entbürokratisierung des Beitragseinzugs auf Arbeitgeberseite", da dieser seinen Beitrag nicht mehr selbst überweisen müsse. "Das Kostenbewusstsein auf Arbeitnehmerseite steigt, da er seinen Beitrag selbst überweisen muss." Dies würde allerdings Millionen von Krankenversicherten zu potentiellen Betroffenen von Inkassoverfahren machen, falls Arbeitnehmer nicht oder zu wenig Beiträge zahlen. "Das bringt mehr statt weniger Bürokratie", schimpft man deshalb in der SPD-Spitze.
In einem neuen Sieben-Punkte-Papier für die SPD-Arbeitgruppe Gesundheitsreform, das der Zeitung vorliegt, schlägt Lauterbach vor, dass der bisherige Arbeitgeberanteil "mit einheitlichem Beitragssatz als Lohnsummensteuer ohne Beitragsbemessungsgrenze in den Gesundheits-Fonds eingespeist" werde. "Dieser Beitragssatz wird zunächst eingefroren", so Lauterbach. Öffentlich vertritt Lauterbach die Ansicht, mit einem solchen Einfrieren würden die Kosten nur von den Arbeitgebern auf die Arbeitnehmer übertragen. Als weitere negative Ergebnisse benennt Lauterbach öffentlich: "Die Nettolöhne steigen weniger. Somit wird die Binnenkonjunktur geschwächt."
In seinem Gesundheits-Fonds-Papier will Lauterbach neben einem "Solidarbeitrag der Privatversicherten" auch einen "stufenweise steigenden Steueranteil (Solidaritätssteuer) ebenfalls direkt in den Gesundheits-Fonds" abführen. Während der Beitragssatz für Arbeitgeber einheitlich auf fünf bis sechs Prozent als Lohnsummensteuer festgeschrieben werden soll, müssten, so Lauterbach, die Krankenkassen "einkommensabhängig individuell" ihren Beitrag zum Gesundheits-Fonds - "voraussichtlich sieben Prozent" - abführen.
Die Kassen rechnen dann mit dem Fonds ab. Aus dem Fonds erhält jede Krankenkasse für jeden Versicherten einen alters- und geschlechtsabhängigen Pauschalbetrag als Grundpauschale und einen "morbiditätsabhängigen Risikozuschlag". Die Summe der Ansprüche einer Krankenkasse aus dem Gesundheits-Fonds werde verrechnet mit der Summe der Ansprüche des Fonds an die einzelne Kasse, so Lauterbach. "Die Differenz ist von der Kasse an den Fonds zu zahlen, beziehungsweise wird vom Fonds erstattet." Erhalte die Kasse auf Grund wirtschaftlicher Arbeitsweise aus dem Fonds Geld zurück, könne sie einen Beitragssatz unterhalb des bisherigen Arbeitnehmerbeitrags anbieten, andernfalls müsse sie den Beitragssatz erhöhen.
"Mit diesem System können Einheitsbeitragssätze der Krankenkassen vermieden werden, ohne dass kleine Kopfpauschalen ohne Sozialausgleich notwendig wären", verteidigt Lauterbach seinen Vorstoß. Lauterbachs System sieht zugleich eine gleitende Abgabenerhöhung für den Fall steigender Systemkosten vor. Da die Beiträge aber einkommensabhängig erhoben würden, "wird das Solidarsystem nicht grundsätzlich in Frage gestellt". Steige der Beitragsbedarf stärker als die Einkünfte des Gesundheits-Fonds, dann, so Lauterbach, "werden die Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerbeitrag entsprechend erhöht".
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
Rückfragen bitte an: Leipziger Volkszeitung Büro Berlin Telefon: 030/72626-2000
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