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Mercer-Studie zum Offshoring / Erfolgsfaktoren für die Automobilentwicklung in Niedriglohnländern

Geschrieben am 20-06-2006

München (ots) -

- Querverweis: Charts zur Pressemitteilung liegen in der digitalen
Pressemappe zum Download vor und ist unter
http://www.presseportal.de/dokumente.html abrufbar -



- Verlagerung von Entwicklungsaktivitäten in Niedriglohnländer
bringt Kosteneinsparungen von bis zu 30 Prozent

- Offshore-Engineering wächst bis 2015 auf das Siebenfache

- Viele Unternehmen erhöhen Offshore-Quote im Engineering;
Potenziale sind bei weitem nicht ausgeschöpft

- Offshore-Geschäftsmodell, Partnerwahl und Gestaltung der
operativen Zusammenarbeit sind Erfolgsfaktoren


Die Verlagerung von Entwicklungsaktivitäten in Niedriglohnländer -
das so genannte Offshoring - ermöglicht deutliche Kostensenkungen.
Eine aktuelle Studie von Mercer Management Consulting zur
Automobilindustrie zeigt, dass je nach Fahrzeugmodul,
Entwicklungsleistung und Zielland die Kosten um 20 bis 30 Prozent
reduziert werden können. Vor allem in Osteuropa, insbesondere in
Polen, Tschechien und Ungarn, sowie in Indien lassen sich die
Entwicklungskosten überdurchschnittlich senken. Automobilzulieferer
und Engineering-Dienstleister lassen bereits heute in
Niedriglohnländern entwickeln. Die zurzeit noch geringen
Offshore-Quoten im Engineering von unter einem Prozent werden je nach
Leistungsfeld auf bis zu 40 Prozent steigen. Schlüssel zu einem
erfolgreichen Offshore-Engineering sind die passende Strategie, die
Auswahl geeigneter Partner und vor allem die Gestaltung der
operativen Zusammenarbeit.

Die Automobilindustrie hat in Deutschland im Jahr 2005 ca. 16
Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung (FuE) aufgewendet. Mit
einem Anteil am Umsatz von knapp sieben Prozent ist die
Automobilindustrie äußerst FuE-intensiv. In den deutschen
Entwicklungsabteilungen der Automobilhersteller, -zulieferer und
Engineering-Dienstleister arbeiten rund 85.000 Beschäftigte.
Deutschland ist mit einem Anteil von 25 Prozent am weltweiten
Automobilentwicklungsaufwand Spitzenreiter vor Japan und den USA. Das
Engineering spielt demnach nicht nur für die einzelnen Unternehmen
eine wichtige Rolle, sondern ist auch für Beschäftigung und Sicherung
des Standorts Deutschland von großer Bedeutung.


Deutsche Entwicklungsstandorte unter großem Kostendruck

Die Entwicklungsleistungen am Standort Deutschland geraten immer
weiter unter Kostendruck. Die Automobilhersteller machen im
Engineering klare Vorgaben zur Kostensenkung, haben volle Transparenz
über die Stundensätze und geben bereits Zielquoten für
Offshore-Engineering vor. So lassen sich Engineering-Stunden in
Indien um bis zu 70 Prozent günstiger als in Deutschland einkaufen.
Selbst unter Berücksichtigung zusätzlicher Kosten für Ausbildung,
Management (Overhead), Koordination und geringerer Produktivität
ergibt sich immer noch ein Kostenvorteil von bis zu 30 Prozent. "Der
Druck auf die Kosten deutscher Entwicklungsstandorte ist immens",
sagt Christian Kleinhans, Partner und Automobilexperte von Mercer
Management Consulting. "Es gibt mittlerweile Entwicklungsleistungen,
die sich nur an Low-Cost-Standorten zu wirklich wettbewerbsfähigen
Kosten erbringen lassen." An einem Entwicklungsstandort wie Indien
wird häufig sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag im
Mehrschichtbetrieb gearbeitet. Damit lassen sich deutlich kürzere
Entwicklungszeiten anbieten.


Starker Anstieg der Offshore-Quoten für Entwicklungsleistungen
geplant

Für die Hälfte der im Rahmen der Studie befragten 30 Experten bei
Automobilherstellern, -zulieferern und Engineering-Dienstleistern
spielt Offshoring heute schon eine wichtige Rolle. Bei einem Drittel
der Unternehmen gibt es bereits Offshoring-Initiativen im
Engineering. "Erfolgreiche Automobilzulieferer und
Engineering-Dienstleister werden künftig Offshore-Quoten zwischen
fünf Prozent bei Konstruktionsleistungen und 40 Prozent bei
Berechnungs- und Simulationsleistungen erreichen", so Kleinhans.
Damit versiebenfacht sich das Offshore-Volumen weltweit von heute 600
Millionen Euro auf rund 4,5 Milliarden Euro im Jahr 2015. Dies
entspricht im Jahr 2015 einem Anteil von fünf Prozent am weltweiten
FuE-Aufwand der Automobilindustrie. Während Offshoring bei den
eigenen Entwicklungskapazitäten der Automobilhersteller auch künftig
nur eine geringe Bedeutung hat, erhöhen Zulieferer ihren
Offshore-Anteil auf bis zu fünf Prozent des gesamten FuE-Aufwands.
Engineering-Dienstleister erzielen Offshore-Quoten von 15 Prozent und
mehr. Vor diesem Hintergrund hat beispielsweise die deutsche IVM
Automotive, ein Fahrzeugintegrator und Komplettanbieter von
Engineering-Dienstleistungen, gerade eine Partnerschaft mit Quantech
Global Services in Indien verkündet.

Hohe Offshore-Quoten sind heute bei Berechnung und Simulation
sinnvoll. Typische Offshore-Leistungen sind beispielsweise
Finite-Elemente-Analysen, die Erstellung von Berechnungsmodellen
sowie Statik- und Beanspruchungsanalysen. Aber auch die stark
wachsenden Entwicklungsaufgaben rund um die Bereiche Elektrik und
Elektronik gehören dazu. Im Rahmen der Steuergeräteentwicklung lassen
sich zum Beispiel Software-Kodierung, die Konstruktion von Hardware
sowie der Aufbau und Test ganzer Baugruppen verlagern.
CAD-Modellierung, Routing und Packaging als Aufgaben der
Elektrikintegration sind weitere Beispiele. Geeignet sind außerdem
Detailkonstruktion sowie Muster- und Prototypenbau.


Barrieren für das Offshoring in der Automobilentwicklung

Die Qualifikation der Ingenieure ist in vielen Niedriglohnländern
hervorragend. Aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage herrscht
jedoch bereits ein Mangel an Ingenieuren, vor allem mit speziellem
Automobil-Know-how. Hinzu kommen sprachliche und kulturelle Barrieren
in der Zusammenarbeit mit Entwicklern in Osteuropa oder Asien. Umso
wichtiger ist es, klare Leistungspakete mit größerem
Wiederholcharakter zu schnüren, um diese anhand standardisierter
Prozesse längerfristig mit gleichen Partnern abzuwickeln. Zudem sind
häufig deutschsprachige Mitarbeiter des Partners vor Ort
erforderlich.

Die Auslastung vorhandener Personalkapazitäten in den
Entwicklungsstammhäusern hat jedoch in der Regel Priorität und wird
so zur entscheidenden Barriere für Offshoring. Bei den Mitarbeitern
stoßen Offshoring-Initiativen eher auf Widerstand, da zusätzlicher
Koordinationsaufwand entsteht, die intern etablierte Zusammenarbeit
"gestört" wird und Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes aufkommt.
Zudem steigt das Risiko des Know-how-Abflusses. Deshalb kommt der
Leistungs- und Partnerauswahl entscheidende Bedeutung zu.
Insbesondere Entwicklungsleistungen, die nicht zu den zukünftigen
Kernkompetenzen gehören und im Wettbewerb nicht differenzierend sind,
eignen sich für ein Offshoring an externe Partner.


Leitlinien für erfolgreiche Offshoring-Initiativen in der
Automobilentwicklung

Wenngleich der Entwicklungsumfang in Deutschland insgesamt
stagniert, sichert Offshoring auch hierzulande Arbeitsplätze, da sich
mit einem gesunden Mix aus Onshore und Offshore die
Wettbewerbsfähigkeit als Ganzes steigern lässt. Dies schafft neuen
Freiraum für innovative Aufgaben in den Entwicklungsstammhäusern.
"Erfolgsentscheidend ist die Wahl des richtigen
Offshore-Geschäftsmodells und konsequentes Handeln, um jetzt nicht
den Anschluss zu verlieren", stellt Kleinhans fest.
Offshore-Engineering sollte nicht nur dem Zwang zur Kostensenkung
folgen, sondern strategisch motiviert und in die Wertschöpfungs- und
Beschaffungsstrategie integriert sein. Dazu sind die strategischen
Ziele festzusetzen, geeignete Leistungen anhand definierter Kriterien
auszuwählen, die Standort- und Partnerwahl vorzunehmen sowie die
operative Zusammenarbeit zwischen Offshore- und Onshore-Standort(en)
zu gestalten.

Als Offshore-Geschäftsmodell bietet sich vor allem für
Automobilhersteller und auch für Automobilzulieferer an, einen
Engineering-Dienstleister in Deutschland als Schnittstelle zu
Offshore-Engineering-Partnern einzusetzen. Engineering-Dienstleister
müssen deshalb zukünftig über entsprechende Leistungsangebote und ein
Offshore-Geschäftsmodell verfügen. Wichtig ist es, sich offshore
Entwicklungsressourcen vertraglich zu reservieren, um Lerneffekte aus
der Zusammenarbeit zu sichern. Zusätzlich können Automobilzulieferer
und Engineering-Dienstleister auch eigene
Offshore-Entwicklungsstandorte betreiben. Offshoring, das auf
Einzelprojekten basiert, bringt aufgrund erhöhter Einmalaufwendungen
und Anlaufkosten nicht die erwarteten Kostensenkungen.

Je Leistungsfeld im Engineering sind Kerneigenleistungen und
Eigenleistungstiefe zu definieren. Bei Offshoring-Initiativen gilt
es, neben geeigneten Ländern vor allem regionale Standortvorteile und
regionale Preisunterschiede zu identifizieren - bis hin zu einem
kritischen Hinterfragen des Netto-Kostenvorteils, also unter
Berücksichtigung sämtlicher Zusatzaufwendungen für
Mitarbeiterqualifizierung, Koordination und Management. Hinzu kommen
Einmalaufwendungen (etwa für Standort- und Partnersuche, Verhandlung,
Contracting) und Anlaufkosten, die durch Ineffizienz und notwendige
Lerneffekte verursacht werden (zum Beispiel zusätzliche Maßnahmen und
Ressourcen für die Qualitätssicherung und Projektkoordination).

Intern sind auf Offshore-Projektabwicklung spezialisierte
Know-how-Träger als Projektkoordinatoren aufzubauen, die vor allem an
der Schnittstelle zwischen Kunde, internen Ressourcen im
Entwicklungsstammhaus und Offshore-Einheiten koordinieren. Damit
einher gehen längerfristige Engagements in Zielländern in Form von
Partnerschaften in Niedriglohnländern bis hin zu einem Netzwerk aus
eigenen, weltweit verteilten Entwicklungsstandorten. Auf der
operativen Ebene bedarf es der Durchgängigkeit der
Prozessverantwortung und standardisierter Prozesse über Ländergrenzen
oder Kontinente hinweg. IT-Infrastruktur und Kommunikationsstandards
sind aufeinander abzustimmen, damit Daten ohne Reibungsverluste
ausgetauscht werden können. "Eine frühzeitige Einbindung der
Entscheidungsträger und Mitarbeiter ermöglicht eine offene
Kommunikation, die interne Veränderungsbarrieren überwindet", fasst
Kleinhans zusammen.


Handlungsempfehlungen für Offshore-Initiativen in der
Automobilentwicklung

1. Offshoring als strategischen Beitrag zur Sicherung der
Wettbewerbsfähigkeit der Automobilentwicklung betrachten.

2. Das Offshore-Engineering in die längerfristigen Wertschöpfungs-
und Beschaffungsentscheidungen der Entwicklung einbetten.

3. Offshoring-Initiativen als systematischen Strategie- und
Veränderungsprozess verstehen, um Potenziale erfolgreich zu
erschließen.

4. Kostensenkungspotenziale spezifisch nach Fahrzeugmodulen,
Entwicklungsleistungen und Kostenblöcken identifizieren,
inklusive der Opportunitätskosten.

5. Eine "Offshoring-Roadmap" der Entwicklung erstellen, die
sämtliche Treiber und Restriktionen berücksichtigt.

6. Zielgerichtet die geeigneten Partner und eigenen Mitarbeiter
als "Offshoring-Manager" auswählen sowie gegebenenfalls
längerfristige Partnerschaften aufbauen.

7. Die operative Zusammenarbeit sowie die
unternehmensübergreifende Integration der Prozesse und Systeme
effizient gestalten.

8. Die Entscheidungsträger und Mitarbeiter frühzeitig bei
Kommunikation und Change Management einbinden.


Mercer Management Consulting ist Teil von Mercer Inc., New York,
einer der führenden internationalen Unternehmensberatungen mit 190
Büros in 40 Ländern. Weltweit erwirtschaften 15.000 Mitarbeiter einen
Umsatz von 3,8 Milliarden US-Dollar. Die Büros in München, Stuttgart,
Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg, Hannover und Zürich tragen mit 545
Mitarbeitern zu diesem Erfolg bei.


Originaltext: Mercer Management Consulting
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=17052
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_17052.rss2

Ansprechpartner

Pierre Deraëd
Leiter Corporate Communications
Mercer Management Consulting
Marstallstraße 11
80539 München
Tel.: 089.939 49 599
Fax: 089.939 49 503
pierre.deraed@mercermc.com
http://www.mercermc.de


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