Südwest Presse: Kommentar zum Thema NPD-Verbot
Geschrieben am 16-12-2008 |
Ulm (ots) - Verbieten sollte man die NPD. Mit steter Regelmäßigkeit ist dieser Ruf zu hören, und ganz besonders laut erschallt er, sobald rechtsextreme Taten die Schlagzeilen beherrschen, so wie jetzt nach dem Mordversuch am Passauer Polizeichef Alois Mannichl. Doch die Vorschläge, dem braunen Übel abzuhelfen, wirken meist so hilflos wie die Empörung angesichts der brutalen Taten groß ist. Verbieten müsste man die NPD - vorausgesetzt, es gelänge, ihr nachzuweisen, eine "aggresiv-kämpferische" Haltung gegen die demokratische Grundordnung zu vertreten. Das verlangt das Bundesverfssungsgericht, doch dessen Vorgaben für ein Parteiverbot sind so streng, dass der Schuss leicht nach hinten losgehen kann. Schon einmal, 2003, scheiterte der Versuch, die NPD aus der deutschen Parteienlandschaft zu verbannen, kläglich. Ein zweiter Anlauf, wie ihn die Ministerpräsidenten der Bundesländer morgen in ihrer Kaminrunde beraten wollen, müsste zwingend zum Erfolg führen. Alles andere wäre eine Blamage des Staates und zugleich ein enormer Propagandaerfolg - nicht nur für die NPD, sondern für die rechte Szene insgesamt. So gilt es, genau hinzusehen. So schockierend der Anschlag auf Mannichl sein mag, eine einzelne kriminelle Tat als Ansatz eines Parteiverbots zu bemühen, ist ein populistischer Kurzschluss. Niemand weiß, ob der Täter ein Parteibuch der NPD besitzt. Und selbst wenn: Straftaten einzelner Mitglieder führen nicht zum Verbot einer Organisation. Eine diffuse Stimmung, die die NPD als mögliches Sammelbecken der radikalen Rechten verortet, zeugt zwar von Wachsamkeit, trägt aber nicht eine der schärfsten Sanktionen, die der wehrhaften Demokratie zur Verfügung steht. Verböte man die NPD, so bliebe das Grundproblem doch ungelöst. Die drei Buchstaben stehen für eine Partei, die in größeren Abständen in einen der Landtage einzieht und dort durch bisweilen bizarre Auftritte auffällt. Wird ihr Verbot gefordert, so dient sie in der Regel als Projektionsfläche eines Phänomens, das sich von den gewaltbereiten Kameradschaften am äußersten rechten Rand bis in die Mitte der Gesellschaft ausgedehnt hat: Rassistische und antisemitische Haltungen sind längst - wieder - in Milieus salonfähig, die sich selbst als bürgerlich bezeichnen würden. Mögen diese Kreise Taten wie die von Passau auch verurteilen, eine heimliche Zustimmung zu Positionen, die alles Fremde ausgrenzen und stattdessen nationalen Zusammenhalt fordern, bleibt immer öfter unwidersprochen. Wenn Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nun feststellt, die NPD habe keinen Rückhalt in der Bevölkerung, mag das mit Blick auf das Ergebnis der Landtagswahl richtig sein. Über das rechtsextreme Potenzial, das jeder Gesellschaft innewohnt, täuscht diese Ansicht leicht hinweg. Wirtschaftlich schwierige Zeiten, in denen viele Menschen die unübersichtlicher und perspektivloser werdenden Verhältnisse in ein krudes Raster gepresst sehen wollen, sind der Nährboden extremer Ansichten. Eine stille Erosion der Demokratie ist die Folge. Die Prozentzahl derer, die eine Diktatur befürworten, liegt in Teilen der Republik im zweistelligen Bereich. Dagegen hilft politische und gesellschaftliche Aufklärung. Den Aufmärschen der Glatzen und proper auftretenden rechten Saubermännern ist jedoch nur mit konsequenter sichtbarer staatlicher Präsenz zu begegnen. Die aber erfordert eine entsprechende personelle Ausstattung der Polizei. Wer die damit verbundenen Kosten scheut und stattdessen nach der vermeintlich günstigen Beruhigungspille des Parteiverbots ruft, zahlt womöglich einen hohen Preis: Den der wachsenden Verfestigung rechtsextremer Strukturen bis hin zu deren offener Akzeptanz.
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