Westdeutsche Zeitung: Konjunkturprogramm = von Friedrich Roeingh
Geschrieben am 16-12-2008 |
Düsseldorf (ots) - Ja, Angela Merkel tastet sich vorsichtig in der Wirtschaftskrise vor. Ja, die Kanzlerin wirkt in diesen Tagen zuweilen wie eine Getriebene, die von ihren Parteifreunden und ihren europäischen Amtskollegen angeschoben werden muss. Ob aber der Aktionismus eines Nicolas Sarkozy das bessere Führungsmodell durch die Krise ist, muss sich erst noch erweisen. Die Kanzlerin, die für gewöhnlich die Dinge vom Ende her denkt, weiß, dass später abgerechnet wird. Die Bürger scheinen Angela Merkel jedenfalls zu folgen. So lehnt die Mehrheit in weiser Voraussicht die Ausgabe von Konsumgutscheinen ab. Die Menschen wissen, dass sie solche Geschenke auf Pump später über höhere Steuern mit Zins und Zinseszins zurückzahlen müssen. Mit Steuersenkungen verhält es sich nicht anders - zumal kein öffentlich finanziertes Programm mit der Netto-Entlastung mithalten kann, die der gesunkene Benzinpreis und die nachgebenden Tarife von Strom und Gas allen Bürgern bescheren. Die Bundesregierung tut deshalb gut daran, sich mit ihren Milliardenprogrammen ganz auf das Anschieben von Investitionen zu konzentrieren. Wer Verkehrswege baut und Schulen saniert, schafft Werte, die auch über die Krise hinaus Wirkung entfalten. Die Diskussion in Deutschland konzentriert sich zurzeit viel zu sehr auf das Thema Konjunkturprogramme und die Tagesform der Kanzlerin. Kein Staat der Welt kann seine Wirtschaft vor einem Turbo-Abschwung schützen. Die entscheidende Frage wird deshalb sein, mit welchen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten die Zunahme der Arbeitslosigkeit begrenzt werden kann. Schon jetzt ist klar, dass die Laufzeiten für Kurzarbeit, die bereits verlängert worden sind, noch einmal ausgeweitet werden. Auch das wird den Staat Milliarden kosten. Im Gegenzug sind die Tarifparteien in der Pflicht. Die Arbeitgeber müssen einen Beitrag leisten, weil sie sich nach der Krise einem noch schärferen Facharbeitermangel ausgesetzt sehen werden. Und die Gewerkschaften und Betriebsräte müssen die Arbeitnehmer auf Zugeständnisse einstimmen, um die Stammbelegschaften möglichst hoch zu halten. Bündnisse für Arbeit sind dafür allerdings ein ehrlicheres Wort als das Märchen von der Job-Garantie.
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