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Zitate von Michael Glos aus dem n-tv-Talk "Heiner Bremer - Unter den Linden 1" / Glos: "Die Luft darf nicht explosionsartig aus den Blasen entweichen"

Geschrieben am 17-12-2008

Berlin (ots) - Michael Glos (CSU), Bundeswirtschaftsminister,
heute im n-tv-Talk "Heiner Bremer - Unter den Linden 1"

zur Korrektur der Wachstumschance für 2009 auf minus drei Prozent
durch sein Ministerium:

"Erstens zeichnet sich seit Mitte des Jahres ab, dass es im
nächsten Jahr ein schwächeres Wachstum geben wird [...]. Wie
schwierig das nächste Jahr wird, weiß niemand ganz sicher. Diese drei
Prozent sind ein Worst-Case-Szenario, das intern erstellt worden ist.
Seit der Erfindung der Fotokopierer, gibt es kein Papier, das
unkopiert bleibt und dann unkommentiert zum Teil in neugierige Hände
fällt. Ich kommentiere das nicht weiter."

Zur einer Machtlosigkeit in der derzeitigen Situation:

"Wenn man konzertiert vorgeht - insbesondere in den starken
Industrieländern - dann kann man schon etwas gegen den Abschwung
unternehmen. Aber eines ist klar: Das Ganze geht von den
Finanzmärkten aus: Die Finanzmärkte hatten durch zu viel und zu
leichtes Geld und durch ein Zockertum bei den Akteuren eine Krise wie
wir sie in den letzten hundert Jahren kaum erlebt haben. Jetzt muss
man natürlich versuchen, in erster Linie die Finanzmärkte zu
stabilisieren, weil ja das Geld der Blutkreislauf der produzierenden
Wirtschaft ist. Und mir geht es in erster Linie um die produzierende
Wirtschaft.

Niemand weiß zur Stunde genau, wie viele Risiken noch in den
Bilanzen von internationalen Banken stecken. [...] Deswegen gilt in
allererster Linie die Sorge den Finanzmärkten. Hier ist es so, dass
auch die Akteure nicht genau wissen, was alles noch geschieht. Und
deswegen ist es nötig, dass es internationale Regeln und Leitplanken
gibt, die in Zukunft besser eingehalten werden müssen."

Zur geplanten Neuverschuldung:

"Es ist unbestritten, dass wir derzeit nicht nur in Deutschland
sondern europa- und weltweit eine Störung des Gleichgewichts haben.
[...]. Das ist nicht nur eine Störung des Gleichgewichts, das ist
eine ganz große Krise. Zweitens haben wir in der Vergangenheit in der
Großen Koalition Konsolidierungspolitik betrieben. Deswegen erwischt
uns die Krise nicht so stark auf dem falschen Fuß, wie andere Länder,
die das nicht getan haben. Auf der anderen Seite sagt man natürlich
auch in der EU und drüber hinaus: 'ihr Deutschen seid als eines der
wenigen Länder noch in der Lage, kräftig dagegen zu steuern.' Dem
können wir uns aus vielerlei Gründen nicht entziehen. Auf der anderen
Seite wissen wir natürlich, dass wir als ein Land, das zu 40 Prozent
vom Export abhängig ist, das immer noch Welthandelsnation Nr. 1,
Export-Weltmeister und drittstärkstes Industrieland dieser Erde ist,
wir nicht das, was derzeit im Export wegfällt, nicht ohne Weiteres
durch eine Verstärkung im Inland ausgleichen können. Aber wir müssen
das Unsere dazu beitragen, dass das internationale Konzert der
Stabilisierung nicht in Dissonanzen endet, sondern dass wir möglichst
harmonisch im Gleichklang vorgehen."

Zum Zeitplan der Konjunkturmaßnahmen:

"Es gilt, dass wir bedacht vorgehen. [...] Das
Finanzmarktstabilisierungspaket beispielsweise hat leider noch nicht
rasch die Wirkung entfaltet, die man sich versprochen hat. Es sind
auch noch zu wenige Banken, die das in Anspruch genommen haben. Die
Banken reduzieren derzeit ihre Engagements, um die Kernkapitalquote
zu stärken. Wir wollen eigentlich, dass sie ihre Engagements
ausweiten, um die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen. Bei dem
weiteren Paket, das mehr der produzierenden oder der Real-Wirtschaft
dient, haben wir jetzt erst einmal Bedenken von Brüssel niederringen
müssen, bevor z.B. dieses KfW-Programm mit 15 Mrd. Euro ausgereicht
werden kann. Da ist es jetzt soweit: Die Banken können beginnen, das
Geld auszureichen [...]. Wir wollen auch, dass die Menschen mehr
Autos kaufen. Da haben wir auch ein Sonderangebot gemacht, um die
Leute dazu zu veranlassen, Autos zu kaufen. Wenn aber gleichzeitig
das Vertrauen sinkt, ist man nicht bereit, entsprechende
Investitionen zu machen."

"Bei den kleineren Freuden, die sich die Menschen gönnen, ist noch
Geld vorhanden. Die Schwierigkeit ist, dass sie z.B. nicht in
ausreichendem Maße neue Autos kaufen. [...]. Die Automobilwirtschaft
ist eigentlich der Zweig der deutschen Wirtschaft, der mir am meisten
Sorge macht. Es gibt kaum ein Land, das so abhängig von der
Automobilindustrie ist, wie Deutschland [...]. Hier haben wir eine
doppelte Krise: Zum einen die Tatsache, dass man im Inland sehr
zurückhaltend ist. Zum anderen, dass bei den Luxusautos, die bei uns
das Rückgrat der Automobilindustrie waren, die Märkte
wegbrechen."

Zum Zaudern der Bundesregierung, ein klares Paket auf den Tisch
zu legen und zum Warten auf Obama:

"Die Stabilisierung muss schon von den USA ausgehen, sonst würden
wir es auch nicht schaffen. Zweitens gibt es [...] keine
Patentrezepte. Man muss im guten Sinne darüber streiten, was jetzt
richtig ist. Ich bin der Meinung, wir brauchen einen Mix von
Maßnahmen und [...] ich sage mehr Netto vom Brutto und zwar nicht als
Einmal-Aktion sondern als gesetzliche Garantie durch
Steuersenkungen."

Zur Frage, warum es nicht möglich ist, die Banken dazu zu
bringen, alles offen zu legen:

"Selbst wenn das möglich wäre, wäre das das aller Falscheste. Es
könnte nämlich sein, dass das zu einem ganz großen Kollaps führt. Die
Geschichte ist auf der Zeitachse entstanden und muss auch auf der
Zeitachse gelöst werden. Die Luft darf aus diesen Blasen nicht
explosionsartig, sondern langsam entweichen. Und notfalls müssen aus
einer ganz großen Blase ein paar kleinere werden, wenn nicht alles
sofort entweichen darf - und dann nacheinander."

Zum Vorschlag Josef Ackermanns des Staates als "Bad Bank":

"Nein, wir sollten schon auf die Erfahrungen anderer schauen.
Etwas anderes haben die Briten getan. Das ist der letzte Ausweg, wenn
es nicht anders funktioniert: Dass praktisch über Vorzugsaktien oder
wie auch immer eine Zeit lang staatliche Beteiligungen gehalten
werden."

Zum Vorschlag einer Beschäftigungsgarantie:

"Ich halte es schon für notwendig, dass alle, die es sich leisten
können, Kurzarbeit als Mittel nehmen, um über die Runden zu kommen.
Das heißt aber natürlich, sie müssen auch bereit sein, zu den
staatlichen Geldern entsprechende eigene Gelder mit einzubringen."

Zur Kabinettsdisziplin und zu Kritik an Angela Merkel:

"Es ist meine Pflicht als Wirtschaftsminister, für die Ideen zu
kämpfen, die ich für sinnvoll halte. Wenn ich unterliege, muss ich
natürlich in der Kabinettsdisziplin die Beschlüsse insgesamt
mittragen. Aber ich werde doch Sinnvolles öffentlich fordern dürfen.
Es gibt im Kabinett Merkel keine Maulkörbe."

Diese Zitate sind frei mit dem Hinweis auf n-tv.

Weitere Zitate in der n-tv-Presselounge unter www.n-tv.de/presse

"Heiner Bremer - Unter den Linden 1" wird heute um 23.10 Uhr sowie
am morgigen Donnerstag um 14.10 Uhr ausgestrahlt.

Originaltext: n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/8180
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_8180.rss2

Pressekontakt:
Sonja Friedrich
0221-91522620
sonja.friedrich@n-tv.de


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