(Registrieren)

WAZ: Merkel entdeckt Förderschieflagen - Wie der Westen zum neuen Osten wird. Leitartikel von Rolf Potthoff

Geschrieben am 17-12-2008

Essen (ots) - Fast 20 Jahre, nachdem Kanzler Kohl von blühenden
Landschaften sprach und Milliardensubventionen in die neuen
Bundesländer flossen, gibt es das immer noch: Marode
Verwaltungsgebäude, bröckelnde Schulen, verwildernde Parks und -
fühlbar zunehmend - Straßen in einem Zustand, der auch Privatpersonen
den Gebrauch von Kettenfahrzeugen anempfiehlt. Nur: Die Erosion des
immobilen Teils der Nation ist jetzt vor allem da zu finden - im
Westen.

Aufmerksamen Beobachtern der schrägen Entwicklung, wie Oliver
Wittke, fiel die Ungleichbehandlung östlicher und westlicher Kommunen
bereits auf, als er noch Oberbürgermeister Gelsenkirchens war. Doch
selbst wer auf die Absurdität hinwies, dass z. B.
investitionsschwache, hoch verschuldete Ruhrgebietsstädte sich noch
höher verschulden mussten, um den Solidarbeitrag zum Aufbau Ost
leisten zu können, war ein verlorener Rufer in der Wüste. Schlimmer:
Skepsis an der finanziellen Bevorzugung des Ostens kam für
Einheits-euphorisierte Politiker einem unpatriotischen Akt gleich.

Jetzt aber weist die Kanzlerin selbst auf die Schieflage hin.
Gewiss wird deshalb kein Cent des bis 2019 ausgelegten Solidarpakts
II gestoppt oder umgeleitet. Die Bedeutung liegt vor allem in dem
politischen Signal, dass zweckerfüllende Förderung nicht nach der
Himmelsrichtung vergeben werden darf, sondern nach Notwendigkeit zu
erfolgen hat. (Dass dies Merkel im Westen im Wahljahr Stimmen bringen
wird, ist eine andere politische Komponente; aber auch, dass eine
über ihren "Verrat an östlichen Interessen" frohlockende Linke im
Osten auf Stimmenfang gehen dürfte).

In der Sache selbst gibt es eine durchaus konkrete Perspektive
für westliche Städte. Der Einsatzschwerpunkt der geplanten
Milliardeninvestitionen im Rahmen des neuen Konjunkturpakets soll
Verbesserung und Ausbau der Infrastruktur dienen. Da gibt es von der
Schulensanierung bis zur Verbesserung des Nahverkehrs im Ruhrgebiet
reichlich zu tun. Die Frage ist: Ob sie sich Finanzhilfen überhaupt
leisten können.

Bisher nämlich sind Förderprojekte an einen finanziellen
Eigenanteil gekoppelt. Doch der übersteigt die Möglichkeiten vieler
Kommunen. Skurril, aber deutsche Realität: Ausgerechnet die Ärmsten,
die Hilfe am Nötigsten brauchen, gehen wegen dieser Bedingung leer
aus. Daher muss, wer den Westen aufbauen will, neue Finanzregelungen
schaffen. Mit Gedanken an eine stärkere Beteiligung von Bund und Land
zugunsten der Städte liegt Fachminister Tiefensee in der Hinsicht gar
nicht schlecht.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

177380

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Die Rückkehr des Schuldenstaates Düsseldorf (ots) - Von Michael Bröcker Waigel, Eichel und jetzt Steinbrück. Die Liste der Schuldenmacher im Bundesfinanzministerium ist um einen prominenten Namen länger geworden. Ausgerechnet der "Haushaltsminister" Peer Steinbrück, der ins Gelingen und Gewinnen verliebte Hanseat, muss sich nun endgültig von dem Traum eines ausgeglichenen Haushalts verabschieden. 50 Milliarden Euro Neuverschuldung, demnächst wohl eine Billion Euro Gesamtschulden alleine beim Bund. Das schmerzt. Früher hätte man gesagt, dass der Haushalt des Bundes mehr...

  • Rheinische Post: Theater ist Pflicht Düsseldorf (ots) - Von Dorothee Krings Die Schauspiel- und Opernhäuser in verschuldeten Städten sind in Gefahr, weil Kultur keine gesetzliche Pflichtaufgabe für Kommunen ist. Darum sind die Theater ohne Schutz, wenn die Sparkommissare anrücken. Die Kunst ist vogelfrei. Doch Städte sterben, wenn sie nur noch da sind, um Straßen zu teeren oder Hartz IV auszuzahlen. Das stiftet keine Identität. Kommunen brauchen Theater, weil darin die Bürger über sich selbst nachdenken. Weil dort Jugendliche lernen, wie existentiell Hochkultur ist, und mehr...

  • Rheinische Post: Briten verlassen Irak Düsseldorf (ots) - Von Godehard Uhlemann Der Abzug der britischen Truppen bis Mitte kommenden Jahres aus dem Irak kommt nicht überraschend. Er war in Aussicht gestellt worden. Ihre Truppenstärke im Süden des Landes hatten die Briten ohnehin schon drastisch verringert. Man will den geordneten Rückzug, schon um dem Eindruck einer Flucht entgegenzusteuern. Sicherlich werden die Gegner der Regierung in Bagdad jubilieren und so tun, als ob ihr massiver Widerstand gegen fremde Truppen der Grund für deren Abzug ist. Das ist falsch. Die Briten mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Großbritannien / Irak / Truppenabzug Osnabrück (ots) - Nächste Station Afghanistan? Die Koalition der Willigen schrumpft. Auch die Briten werden bald ihre letzten Soldaten aus dem Irak abziehen. Planmäßig und nach erfolgreicher Arbeit, wie Premier Brown gestern beteuerte? Daran darf gezweifelt werden. Der britische Regierungschef nutzte nur die Gelegenheit, ein äußerst zweifelhaftes Engagement ohne großen Gesichtsverlust zu beenden. Er entspricht damit einer in seinem Land seit Langem weit verbreiteten Stimmung gegen den von US-Präsident George Bush entfesselten und von mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Ernährung / Gesundheit Osnabrück (ots) - Aufklären, nicht vorschreiben Völlig wirkungslos sind die Ermahnungen von Experten offenbar nicht: Und so gibt es beim Ernährungsverhalten der Deutschen neben schlechten Nachrichten durchaus auch gute: Zwar wird noch immer zu viel Fleisch und Süßes verzehrt, aber gleichzeitig mehr Gemüse gegessen. Und während der Bierkonsum sinkt, steigt der Verbrauch von Mineralwasser. Wer sich falsch ernährt und zu wenig bewegt, wird eher krank. Die Folgekosten belasten das Gesundheitssystem. Daher beschäftigen sich auch Politiker mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht