Allgemeine Zeitung Mainz: Locker aus der Portokasse Kommentar zu R+V-Prozess
Geschrieben am 18-12-2008 |
Mainz (ots) - 10818 Euro - exakt soviel Schadenersatz ist es einem Wiesbadener Arbeitsgericht wert, wenn eine Frau wegen ihrer Mutterschaft und damit im Grunde wegen ihres Geschlechts beruflich benachteiligt wird. Da lacht der beklagte Arbeitgeber nur und zahlt das Ganze locker aus der Portokasse. Wenn der Vorstand einmal weniger essen geht, hat er das Geld schon wieder raus. Dieses Urteil, genauer gesagt die der Klägerin zugesprochene Entschädigung, ist lächerlich. Schlimmer noch: Die Summe ist ein Freibrief für all jene Arbeitgeber, die Frauen, die ein Kind bekommen und den Mutterschutz in Anspruch nehmen, nach deren Rückkehr ausgrenzen, sie auf schlechtere Jobs setzen - und damit über kurz oder lang loswerden wollen. So wird der Schutz von Müttern ad absurdum geführt und damit auch alle Sonntagsreden, die der Vereinbarkeit von Familie und Beruf so blumig das Wort reden. Zudem muss sich der Gesetzgeber nach diesem Urteil fragen lassen, ob das mit vielen Vorschusslorbeeren und warmen Worten eingeführte Gleichbehandlungs-Gesetz das Papier wert ist, auf dem es gedruckt wurde. Kurzum: Wenn ein Arbeitsgericht wie in diesem Fall auf eine Benachteiligung erkennt, dann muss am Ende im Urteil eine Schadenersatzsumme stehen, die dem Arbeitgeber auch richtig weh tut. Jetzt werden Juristen mit Recht einwenden, dass es nicht Aufgabe des Schadenersatzes sei, den Beklagten zu bestrafen. Aber die generelle Frage, warum Schadenersatz in Deutschland schon immer betont niedrig gehalten wurde, die muss - auch und gerade im Zusammenhang mit dem Wiesbadener Urteil - gestellt werden. Im aktuellen Fall bleibt nur die Hoffnung auf die nächste Instanz.
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