Berliner Morgenpost: Beim Geld hört die Freundschaft auf - Kommentar
Geschrieben am 20-12-2008 |
Berlin (ots) - Auch im Jahr 19 des wiedervereinten Deutschlands sind die Gräben zwischen West und Ost noch immer tief. Jüngster Beleg: die prompte Kontroverse, die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Bemerkung entfacht hat, bei den Investitionen im Rahmen des geplanten zweiten Konjunkturprogramms sei der Westen jetzt verstärkt am Zuge. Dabei hatte sie nur auf die Frage geantwortet, was sie den Menschen im Westen sagen würde, die das schwerpunktmäßige Investieren im Osten leid seien. Und gesagt, dass sie bei ihren Reisen durch die alten Bundesländer viele sanierungsbedürftige öffentliche Gebäude am Wegesrand sehe, im Osten dagegen weitgehend neue. Fazit: Im Westen gebe es einen Nachholbedarf. Das ist für den, der mit offenen Augen durch gesamtdeutsche Lande reist, keineswegs völlig aus der Luft gegriffen. Dennoch formierte sich sogleich eine Ost-West- Front. Spätestens beim Geld hört die gesamtdeutsche Freundschaft auf. Am schärfsten hat Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit gegen die Kanzlerin geschossen. Ihre Äußerung sei so ziemlich das Dümmste, was er in letzter Zeit gehört habe. Wenn man konjunkturelle Impulse erreichen wolle, so der Berliner Regierungschef, könne man die nur für ganz Deutschland setzen und nicht regional. Das allerdings war keine besonders kluge Replik. Mehr noch: Sie könnte Berlin schaden. Wenn nach Meinung Wowereits regional keine Impulse gesetzt werden können, wird Berlin schwerlich auf Mittel aus dem zweiten Konjunkturprogramm pochen können. Falsch ist diese ökonomische Betrachtungsweise dazu. Investitionen wirken immer zunächst regional, bevor sie möglicherweise gesamtstaatliche Impulse auslösen. Es wäre ein schweres Versäumnis, wenn Berlin nicht dafür kämpfen würde, ebenfalls aus dem Topf des Konjunkturprogramms schöpfen zu können. Etwa um die Mittel für das eigene bescheidene Schulsanierungsprogramm aufzustocken oder Geld für die Grunderneuerung der Schlaglochpisten zu holen. Wie unverändert dringlich Investitionen auch in Berlin sind, ist für jedermann offenkundig. Es darf in den anstehenden Verhandlungen nicht darum gehen, dass Ost und West versuchen, sich gegeneinander auszutricksen. Das Geld mit entsprechender Ko-Finanzierung durch die Länder muss dort eingesetzt werden, wo Konjunkturspritzen besonders dringlich sind und effektive Verwaltungen für beschleunigte Umsetzung mit folglich schnellstmöglicher Wirkung sorgen. Egal, ob im Osten oder Westen, in Recklinghausen oder Zwickau. Übrigens hoffentlich auch in Berlin. Und zwar unabhängig davon, dass der Bund für mehr als eine Milliarde Euro gerade die Museumsinsel saniert, der Großflughafen BBI mit hoher finanzieller Beteiligung des Bundes gebaut wird und der Regierende Bürgermeister durch eine ziemlich dümmliche Äußerung gerade mal wieder reichlich vorhandene Berlin-Sympathisanten düpiert hat.
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