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Berliner Morgenpost: Amerika muss seine Prioritäten neu ordnen - Kommentar

Geschrieben am 26-12-2008

Berlin (ots) - Die Zeit drängt, und die Krisen warten nicht. Noch
ist Barack Obama nicht im Amt. Gleichwohl hat er zu Beginn der
vergangenen Woche bereits die erste Sitzung mit seinem künftigen
Kabinett zur nationalen Sicherheit abgehalten. Ganz oben auf der
Themenliste stehen die Probleme des Greater Middle East: Kriege in
Afghanistan und im Irak, der Libanon am Rande des Bürgerkriegs, die
Brüchigkeit Pakistans, die Nuklearrüstung des Iran, islamistischer
Terror von Gaza bis Bombay, und im Heiligen Land kein Frieden in
Sicht. Und alles ist mit allem verbunden.
Amerikanische Nahost-Politik wurde sechs lange Jahre beherrscht vom
Irak. Obama wird und muss die Gewichte verlagern. Der
Stabilitätsgewinn im Irak erlaubt es Washington, sich dem Iran
zuzuwenden, dessen Griff nach der Bombe und der regionalen
Vormachtstellung. Obama muss Teheran direkte Gespräche anbieten, ohne
Vorbedingungen. Das Gute an der Energiekrise ist, dass Teheran mehr
als je auf den Westen angewiesen ist. Washington kann das nutzen,
indem einerseits die Drohung der Sanktionen verschärft, andererseits
die Aussicht auf Investitionen und Know-how verstärkt wird.
Der Iran ist das Schlüsselland der Region: Erwirbt das Land die
Bombe, dann wird nichts und niemand Ägypten, die Saudis und die
Türken hindern nachzuziehen. Dann regiert das nukleare Chaos, das
vier Jahrzehnte durch den Nichtverbreitungsvertrag verhindert wurde.
Anders als Bush, der nach dem erfolglosen Mikromanagement Clintons
den israelisch-arabischen Konflikt sich selbst überließ, muss Obama
hier den Rahmen neu definieren. Die seit zwei Jahren via Türkei
geführten Verhandlungen zwischen Israel und Syrien bieten einen
Ansatz, um nicht nur Israel zu entlasten, sondern auch Syrien aus der
Umarmung des Iran zu lösen. Damit würden Israels nächste Feinde,
Hisbollah und Hamas, einen Sponsor verlieren, und Israels
demokratische Öffentlichkeit könnte Vertrauen fassen, zumal wenn die
USA die neue Lage garantieren. Was das unheilige Heilige Land
anlangt, so wird Obama, solange die Zwei-Staaten-Lösung noch eine
Chance hat, viel Verhandlungsgewicht investieren müssen. Gegenwärtig
sind die Palästinenser zerrissen, die Israelis tief skeptisch und die
Aussichten auf einen Friedensvertrag schlecht. Es wird erst einen
Rahmen brauchen, in dem die Wirtschaft der Palästinenser wieder
hochkommt und die Sicherheit berechenbar wird.
Der Hintergrund für die neue Verhandlungsbereitschaft der
konservativen arabischen Staaten liegt in deren Angst vor dem Iran.
Da gibt es mehr und mehr stille Allianzen, von Marrakesch bis
Dschidda, die zu nutzen sind.
Amerikas unipolarer Moment ist vorbei. Washington nach
GeorgeW. muss wieder lernen, dass in der realen Welt nicht
alle Wünsche durchsetzbar sind. Und seine Prioritäten ordnen. Der
Greater Middle East, wie die Amerikaner seit bald 20 Jahren die
Region nennen, ist die neue zentrale Front. Aber die Gefechtslinien
sind verknotet, haben viele Dimensionen. Es braucht Vision und harte
Arbeit, speziell im Nahen Osten, die Welt zu einem besseren Platz zu
machen.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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