LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Botschaft der Kirchen
Geschrieben am 26-12-2008 |
Leipzig (ots) - Von Anita KeckeFunktion als Anwalt der SchwachenDie Kirchen genießen als moralische Autorität hohes Ansehen. Über die Hälfte der Deutschen vertraut ihnen, besagt eine Umfrage dieser Zeitung. Sie rangieren damit vor den Politikern, sind fester Bestandteil der Gesellschaft mit sinngebender, kittender und mahnender Funktion. Zu Weihnachten wird das deutlicher als sonst. Dies bedeutet, dass sie auch eine Verantwortung haben, auf die Missstände hinzuweisen, deren Folgen sie als Stätten der Barmherzigkeit früher und intensiver spüren als andere. Deshalb war es nur konsequent, dass die Würdenträger, von Papst Benedikt XVI. über die Bischöfe der beiden Kirchen in Deutschland bis zu vielen Pfarrern die weltweite Finanzkrise zum Anlass nahmen, um die Gier nach Geld an den Pranger zu stellen. Denn beim Streben nach maximalem Gewinn sind nicht nur so manche Grundregeln des soliden Wirtschaftens über Bord gegangen, sondern auch christliche Grundsätze. Wenn die Kirchen hier als Anwälte der Schwachen auftreten, erfüllen sie eine wichtige Funktion, um die Werte, die eine sozial verantwortliche Gesellschaft prägen sollten, wieder ins Lot zu rücken. Doch wenn Deutsche-Bank-Chef Ackermann die Kritik von Bischof Huber - obwohl sie in diesem Kontext zu sehr auf den Einzelfall zielt - gleich zurückweisen lässt, statt nachdenkliche Töne über mehr Bescheidenheit von sich zu geben, dann spricht das eben auch für sich. Sowohl Huber als auch Bischof Zollitsch mahnen aber zu Recht nicht nur die Manager, sondern auch die Politiker, bei ihren Entscheidungen mehr die sozialen Auswirkungen zu bedenken. Beide Kirchen haben sich an diesem Weihnachtsfest deutlicher als sonst eingemischt. Zugleich öffneten sie sich bekennender als bisher den neuen realen Lebenswelten. So blickte Bischof Noack von der evangelischen Kirchenprovinz Sachsen bewusst über die traditionelle Klientel der Kinder, Familien und Senioren hinaus und verlangte von der Kirche, sich neuen Zielgruppen zuzuwenden, wie den Alleinlebenden. Zollitsch wiederum widmete sich den Praktikanten in endlosen Warteschleifen und kritisierte die Firmen, die den jungen Fachleuten keine Festanstellung geben. Die Kirchen haben die Festtagsaufmerksamkeit gut genutzt, um Verstaubtes abzustreifen, bei aktuellen Problemen Wegmarken zu setzen und auch junge Leute anzusprechen. Viel wäre schon erreicht, wenn sie das allgemeine Nachdenken über die Grundlagen des menschlichen Miteinanders neu beleben könnten. @a.kecke@lvz.de
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