LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Wiedervereinigung/Enttäuschte Erwartungen -
Geschrieben am 02-01-2009 |
Leipzig (ots) - Von Micha Schneider. Nur zweimal in der Nachkriegsgeschichte versank unser Land in den letzten hundert Jahren in einem Freudentaumel: 1954 nach der gewonnenen Fußball-Weltmeisterschaft und 1989 nach dem Mauerfall. Die Losung "Wir sind das Volk" brachte einen ganzen Staat zum endgültigen Zusammenbruch, "Wir sind ein Volk" ließ eine neue Bundesrepublik entstehen. Diese krankt noch immer an ihrem Geburtsfehler, dass sich im Osten alles, im Westen eigentlich nichts änderte. Die Euphorie des '89er Herbstes hätte Reformen bei Länder- und Gebietszuschnitt, Verwaltung, Arbeitsmarkt, Sozial- und Schulsystem leicht vermitteln und durchsetzen lassen. Da dies nicht geschehen ist, sinkt das Land in einer typisch deutschen Nabelschau in ein Jammertal ab. Negative Erfahrungen, fest gefügte Vorurteile und ungleiche Bedingungen lassen in Ost wie West neue Mauern entstehen. Wenn es dabei vorrangig um Trennendes, negative Begleiterscheinungen und den Kostenfaktor geht, werden sowohl das welthistorisch Bedeutsame als auch das persönlich Relevante bagatellisiert. Vergessen wird dabei schnell, dass die innerdeutsche Grenze Schnittpunkt zweier hochgerüsteter Militärsysteme war - ein Pulverfass, das die Welt hätte vernichten können. Vergessen wird der ideelle Gewinn von Demokratie und Freiheit. Vergessen wird die materielle Situation, in der sich der Osten befand. SED-Wirtschaftschef Mittag stellte rückblickend fest, dass das Paradies der Arbeiter und Bauern bereits Anfang der 80er Jahre pleite war. Erst nach der Einheit wurden die Bausubstanz in Städten und Dörfern sowie die Infrastruktur bis hin in jeden Haushalt (wer möchte schon noch Jahrzehnte auf ein Telefon warten?) aus ihrem desolaten Zustand gerissen, die Mangelwirtschaft in eine mitunter beklagte Überflussgesellschaft gewandelt. Es ist verständlich, dass sich jeder nach eigener sozialer Lage, Alter, Bildungsstand und politischer Ausrichtung ein Bild von Vergangenem und Gegenwärtigem malt. Geschichtsklitterung und Verklärung rufen in Ost wie West Bilder hervor, die wenig mit den Realitäten zu tun haben. So sicherten viele der Millionen, die in den Osten flossen Arbeitsplätze im Westen, der sich wirtschaftlich 1990 auf Talfahrt befand. Erst mit der Einheit wurde das neue Europa mit seinen größeren wirtschaftlichen Chancen möglich. Die heimelige alte Bundesrepublik und die alles für jeden regelnde DDR sind passé in einer globalisierten Welt mit neuen Chancen und Risiken.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
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