Krankenkassen-Beitrag kann bis zu 1 Prozentpunkt sinken / Studie: Bis zu 9,8 Mrd. Euro Effizienzreserven im Gesundheitswesen
Geschrieben am 08-01-2009 |
Berlin (ots) - Die gesetzlichen Krankenkassen verfügen über Effizienzreserven in Höhe von 5,6 bis 9,8 Milliarden Euro. Das ergibt eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie der Universität Duisburg-Essen im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Die Beitragssteigerung auf einheitlich 15,5 Prozent per Anfang 2009 ist demnach unnötig. "Der einheitliche Beitragsatz könnte um 0,6 bis 1 Prozentpunkte niedriger liegen, ohne dass es zu Qualitätseinbußen im Gesundheitswesen kommt", sagt Studienautor Prof. Dr. Stefan Felder von der Universität Duisburg-Essen.
Die brachliegenden Effizienzreserven sind Folge des mangelnden Wettbewerbs im Verhältnis der Kassen zu den Leistungserbringern. Dies äußert sich u.a. in überhöhten Preisen und zu hohen Fallzahlen bei Leistungen der Krankenhäuser und Arztpraxen, Überkapazitäten bei Krankenhäusern und überzogenen Handelsmargen bei Arzneimitteln. Untersucht wurden die stationäre und ambulante Versorgung sowie der Arzneimittelbereich. Die drei Sektoren machen zusammen 72 Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung aus.
Die Studie vergleicht die zum Teil erheblich unterschiedlichen Preise und Mengen medizinischer Leistungen in den 16 Bundesländern. Das Einsparvolumen errechnet sich, wenn jeweils das Preis- und Mengenniveau der teuren Bundesländer auf das Niveau der günstigeren gesenkt wird. Im konservativen Szenario A nehmen die Autoren als Referenzmarke für Einsparungen das durchschnittliche Preis- bzw. Mengenniveau aller Bundesländer. Dabei errechnen sie ein Einsparvolumen von 5,6 Mrd. Euro. Im optimistischen Szenario B dient jenes Bundesland als Referenzmarke, dessen Preis- bzw. Mengenniveau in der Mitte zwischen dem günstigsten und dem Durchschnitt aller Bundesländer liegt. Dabei errechnet sich ein Einsparvolumen von 9,8 Mrd. Euro.
Die Kosten für Leistungen in den Krankenhäusern unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland sehr stark. So wird von den Kassen z.B. die Behandlung einer akuten Blinddarm-Entzündung in einem Krankenhaus in Rheinland-Pfalz um 10 Prozent höher erstattet als in Schleswig-Holstein. Andererseits gibt es Bundesländer, in denen die Bürger auffällig häufig ein Krankenhaus aufsuchen - beispielsweise im Saarland um 13 Prozent häufiger als im Bundesdurchschnitt. Krankheitsrisiken wie Alter und Geschlecht, die in den Bundesländern unterschiedlich stark verteilt sind, sind für diese Unterschiede nicht ursächlich. Sie wurden beim Vergleich der Effizienzreserven herausgerechnet.
Auch im ambulanten Bereich gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. So wird die Leistung von Ärzten in Hamburg um 42 Prozent höher vergütet als in Niedersachsen. Durch eine Reduktion des Punktwertes in der Ärztevergütung könnte das Bundesland Hamburg die Ausgaben pro GKV-Versicherten von heute 362 Euro im konservativen Szenario um 56 Euro, im optimistischen Szenario sogar um 76 Euro senken. Zusätzlich existieren große Unterschiede in der Anzahl der Arztbesuche und der verschriebenen Leistungen. Bayern könnte 14% einsparen, wenn es den Umfang vertragsärztlicher Leistungen auf den Bundesdurchschnitt reduzieren würde.
Ein weiteres Einsparpotential besteht bei den Arzneimittelausgaben. Dies trifft besonders auf die neuen Bundesländer zu, wo die Ausgaben pro Kopf bis zu 60 Euro über den Bundesdurchschnitt von 403 Euro liegen.
"Mit mehr Wettbewerbselementen, insbesondere einem Preiswettbewerb, und einem besseren Kostenmanagement könnten die Kassen in den drei Hauptbereichen der medizinischen Versorgung bis zu 9,8 Mrd. Euro sparen", sagt Studienautor Dr. Boris Augurzky vom RWI Essen.
INSM-Geschäftsführer Max A. Höfer will mit der Studie eine breite Debatte über Ausgabeneffizienz bei den Krankenkassen anstoßen: "Die Krankenkassen müssen endlich diese Einsparpotentiale nutzen", fordert Höfer, "dann können sie entweder die Beiträge senken oder ihren Versicherten eine Rückerstattung auszahlen". Das Gutachten errechnet für das Szenario A eine Rückerstattung in Höhe von 109 Euro und für das Szenario B in Höhe von 192 Euro pro Kopf und Jahr.
Originaltext: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/39474 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_39474.rss2
Pressekontakt:
Kontakt INSM:
Marco Mendorf, mendorf@insm.de, Tel: (0221) 4981-433
Rückfragen beantworten auch die Autoren der Studie:
Prof. Dr. Stefan Felder, Universität Duisburg-Essen, stefan.felder@uni-due.de, Tel.: (0201) 183 3682
Dr. Boris Augurzky, Kompetenzbereichsleiter Gesundheit RWI, augurzky@rwi-essen.de, Tel.: (0201) 8149 203
Die gesamte Studie und die Präsentation zur Pressekonferenz erhalten Sie im Internet unter www.insm.de oder unter Telefon (0221) 4981-433.
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