Wahljahr 2009 entscheidet über Energiewende
Geschrieben am 13-01-2009 |
Berlin (ots) - Atomausstieg oder Laufzeitverlängerung, Wettbewerb oder Oligopol, Ausbaudynamik oder Stagnation bei den Erneuerbaren Energien, Effizienz oder neue Klimakiller: Das Superwahljahr 2009 entscheidet über das Schicksal der in den letzten 10 Jahren eingeleiteten Energiewende - Deutsche Umwelthilfe, SolarWorld, LichtBlick und Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung warnen vor Rollback - Deutschlands Führungsposition nicht mutwillig räumen
Berlin, 13. Januar 2009: Das bevorstehende Wahljahr 2009 entscheidet darüber, ob Deutschlands Weg in ein neues, auf Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz basierendes Energiesystem fortgesetzt werden kann oder ob sich noch einmal die strukturkonservativen Verfechter der Alt-Energien Atomkraft und Kohle durchsetzen. Auf diese Alternative haben in Berlin mit dem Solarunternehmen SolarWorld und dem Ökoenergiehändler LichtBlick zwei führende Firmen der Energiewende, mit dem Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) ein Industrieverband und mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) eine Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation hingewiesen. Mit der gemeinsamen Pressekonferenz dokumentieren die Beteiligten auch, dass der eingeschlagene Weg hin zu einem neuen Energiesystem von einem breiten gesellschaftlichen Spektrum getragen wird.
"Eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland versteht Erneuerbare Energien und die Ausrichtung auf mehr Energieeffizienz als Teil der Lösung unserer großen Zukunftsprobleme, wie Klima- und Ressourcenkrise. Dieselbe Mehrheit sieht Atomkraft und neue Kohlekraftwerke als Teil des Problems. Trotzdem steht 2009 ein beinharter Machtkampf über unser zukünftiges Energiesystem bevor", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake.
So bedeute die von den vier dominierenden Energiekonzernen angeschobene Debatte über einen Ausstieg aus dem Atomausstieg nicht nur den faktischen Bruch der von ihnen selbst vor wenigen Jahren verhandelten und unterzeichneten Ausstiegsvereinbarung. Sie werde auch unter der falschen Prämisse des Klimaschutzes geführt. "Unter den Bedingungen des gerade im Dezember beschlossenen EU-Emissionshandels hätte eine Laufzeitverlängerung der 17 verbliebenen deutschen Atomkraftwerke entgegen der Propaganda der AKW-Betreiber und ihrer Lautsprecher in der Politik auf den Klimaschutz überhaupt keinen Einfluss", sagte Baake. Denn die bis 2020 EU-weit festgelegte Obergrenze erlaubter CO2-Emissionen sei gleichzeitig auch die Untergrenze. 2020 werden in Europa Emissionszertifikate für 1.720 Mio. Tonnen CO2 an Energiewirtschaft und Industrie versteigert bzw. ausgegeben. Jede CO2-Einheit, die wegen eines Weiterbetriebs deutscher Atomkraftwerke über die EU-Zielvorgaben hinaus eingespart würde, werde dann anderswo in Deutschland oder einem anderen EU-Land zusätzlich emittiert. Weil aber selbst die CDU nach dem Wortlaut ihres Parteitagsbeschlusses von Anfang Dezember 2008 "keinen Neubau von Kernkraftwerken in Deutschland" wolle, werde eine Laufzeitverlängerung bestehender Altmeiler im Ergebnis nur die Ausbaudynamik der Erneuerbaren Energien bremsen.
Der Leiter Nachhaltige Unternehmensentwicklung der SolarWorld AG, Milan Nitzschke, wies darauf hin, dass Erneuerbare Energien und unflexible Großkraftwerke nicht zusammenpassen. "Braunkohle- und Atomkraftwerke verstopfen zeitweise geradezu das deutsche Stromnetz und verhindern, dass sauberer Strom aus Sonne und Wind zu 100 Prozent eingespeist werden können", so Nitzschke. "Jedes zusätzliche Großkraftwerk wäre ein Angriff auf die Vorrangregelung für Erneuerbare Energien." Demgegenüber biete der bisherige Atomkonsens für die Erneuerbaren Energien Investitionssicherheit. So werde die wegfallende Atomstromerzeugung Jahr für Jahr durch den Ausbau Erneuerbarer Energien überkompensiert. In den nächsten zehn Jahren könnten Erneuerbare Energien Kohle und Kernenergie von Platz Eins der deutschen Stromerzeugung verdrängen. Das sei dauerhaft billiger, sicherer und sauberer. Zudem würden Wertschöpfung und Arbeitsplätze im eigenen Land bleiben. Bedingung sei, dass das Rad der Energiepolitik nicht zurückgedreht werde.
Ohne Rahmenbedingungen, die wirklichen Wettbewerb in den Energiemärkten garantieren, fresse sich die Energiewende immer wieder fest, sagte Gero Lücking, Mitglied der Geschäftsleitung des Hamburger Ökoenergiehändlers LichtBlick. "Neue Player müssen im Markt Fuß fassen können, um die notwendigen Innovationen gegen die etablierten Konzerne durchsetzen zu können. Neutrale Strom- und Gasnetze sind dafür die Grundvoraussetzung". LichtBlick hat in den vergangenen Jahren immer wieder auch vor Gericht für eine "Neutralisierung" des Zugangs zu den Stromnetzen gestritten. Zuletzt griff die Bundesnetzagentur einen gemeinsam von LichtBlick und dem Bundesverband Neuer Energieanbieter (BNE) gestellten Missbrauchsantrag auf, der die Aufteilung Deutschlands in vier so genannte Regelzonen beenden soll. Die Weigerung von RWE, Eon, EnBW und Vattenfall zur Zusammenarbeit bei der Bereitstellung von Regelenergie kostet die Stromkunden jedes Jahr mehrere hundert Millionen Euro. Lücking plädierte dafür, im Rahmen der von der EU erzwungenen Neuordnung der Stromnetze, dafür zu sorgen, "dass wirklich gleiche Zugangsbedingungen für alle Stromversorger und -erzeuger herrschen. Dieses Modell ist dann auf die Gasnetze zu übertragen. Denn die dort heute vorhandenen 12 Marktgebiete verhindern den Wettbewerb ebenfalls massiv."
Der Vizepräsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung, Professor Klaus Traube, forderte die Bundesregierung auf, im Rahmen ihrer Konjunkturhilfen für die angeschlagene Wirtschaft, den Ausbau von Fern- und Nahwärmenetzen stärker als bisher geplant zu fördern. "Ein Förderprogramm für Fern- und Nahwärmenetze sichert Arbeitsplätze, modernisiert die Infrastruktur und dient wie kaum eine andere Einzelmaßnahme dem Klimaschutz", sagte Traube. Außerdem könne das im soeben verabschiedeten Gesetz zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung festgeschriebene Ziel, die Stromerzeugung aus hocheffizienten KWK-Anlagen bis 2020 auf 25 Prozent zu verdoppeln, so eher erreicht werden. Traube wandte sich entschieden gegen den Bau einer neuen Generation Klima schädlicher Kohlekraftwerke, die ausschließlich Strom erzeugen und so weniger als die Hälfte der eingesetzten Energie nutzen. Traube: "Jedes dieser Kraftwerke verringert die Wahrscheinlichkeit, dass wir das von der Bundesregierung angestrebte KWK-Ziel von 25 Prozent wirklich erreichen."
DUH, SolarWorld, LichtBlick und B.KWK kündigten an, dass die Verfechter der Energiewende in Deutschland sich im Wahljahr 2009 regelmäßig in jeweils angemessener Zusammensetzung gemeinsam in die energiepolitischen Debatten einbringen wollen: "Die Akteure der Energiewende werden sich zu Wort melden und auch in ungewöhnlichen Allianzen für Erneuerbare und Effizienz werben", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Baake.
Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V. Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2
Pressekontakt: Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe (DUH), Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0151 55 01 69 43, Tel.: 0302400867-0, Fax: 0302400867-19, E-Mail: baake@duh.de
Gero Lücking, Mitglied der Geschäftsleitung LichtBlick - die Zukunft der Energie GmbH & Co. KG, Zirkusweg 6, 20359 Hamburg, Mobil: 0170 789 00 34, Tel.: 040 6360 1000, Fax: 6360 2112, gero.luecking@lichtblick.de
Milan Nitzschke, Leiter Nachhaltige Unternehmensentwicklung SolarWorld AG, Mobil: 01742429918, E-Mail: milan.nitzschke@solarworld.de
Prof. Dr. Klaus Traube, Vizepräsident Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung, E-Mail: KTraube@t-online.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse DUH, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 01715660577, Tel.: 0302400867-0, Fax: 0302400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de
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