Allg. Zeitung Mainz: Keine Zeit für Muskelspiele Kommentar zur FDP
Geschrieben am 19-01-2009 |
Mainz (ots) - Die Wähler in Hessen haben am Sonntag gezeigt, was sie in Zeiten der Rezession von der Politik erwarten: Aufrichtigkeit, Übernahme von Verantwortung und ein klares Bekenntnis zu den Grundwerten dieser Republik. Das ausgesprochen gute Abscheiden der FDP ist ein Kredit, mit dem die Liberalen sehr vorsichtig umgehen müssen. Viele CDU-Anhänger haben Roland Koch nicht vergessen, wie skrupellos er vor rund einem Jahr mit populistischen Attacken Menschen mit eher dumpfem Gedankengut für sich und seine Partei gewinnen wollte. Sie haben deshalb am Sonntag die Liberalen gewählt. Solches Potential wird die FDP, wenn es um die Macht in Berlin geht, sicher nicht so geschenkt bekommen wie in Wiesbaden. An der Spree haben sie es mit Angela Merkel zu tun, die den Liberalen zwar weit mehr zugetan ist als der SPD, aber ihnen deshalb keine Wahlkampfhilfe leisten wird. Will die FDP auch im Bund an die Macht, muss sie sich also hüten, jetzt mit ihren neuen Muskeln zu spielen. Blockaden des Konjunkturpakets II im Bundesrat wären solche Spielchen. Guido Westerwelle hat das präzise erkannt, und ersten vorlauten Tönen etwa beim Thema Abwrackprämie gleich die Spitze genommen. Gut so. Denn der Wähler erwartet jetzt solides Krisenmanagement und kein kraftstrotzendes Parteiengezänk. Die Liberalen bringt das natürlich ein Stück weit in Verlegenheit. Denn auf der einen Seite sind sie vor allem im Bund ja nach wie vor Opposition, müssen sich also gegen die Große Koalition profilieren. Andererseits sind viele Dinge, die der Wunschpartner CDU derzeit in lobenswerter Eintracht mit der SPD auf den Weg bringt, um die Nation wirtschaftlich vor dem Schlimmsten zu bewahren, auch aus liberaler Sicht durchaus akzeptabel. Was immer also an Nachbesserungen durchgesetzt werden soll, um dem Konjunkturpaket II auch einen liberalen Stempel mitzugeben, muss behutsam, am Besten schon im Bundestag und zwar einvernehmlich, erreicht werden. Guido Westerwelle kann jetzt beweisen, dass er nicht nur kluge wenn auch bisweilen schneidend kalte Reden führen kann, sondern dass er als Staatsmann taugt.
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