Allg. Zeitung Mainz: Tiefpunkt (Kommentar zu Zumwinkel)
Geschrieben am 26-01-2009 |
Mainz (ots) - Das Urteil im Fall Zumwinkel markiert einen Tiefpunkt der deutschen Strafjustiz. Es gab in der Vergangenheit Verfahren, die vergleichbar endeten, aber das macht die Sache jetzt nicht besser. Exakt die zwei Jahre auf Bewährung, die sich alle wünschten - das Gericht, Zumwinkel, seine Verteidiger, die Staatsanwaltschaft - stehen nun zu Buche, und dass es darüber vorher keine Absprache gab, meinen ganz sicher nur diejenigen, die noch an den Osterhasen glauben. Es ist in einem solchen Fall eine sehr geschickte Vorgehensweise, wenn der Vorsitzende Richter auf den Angeklagten mächtig schimpft, ehe er ihn unangemessen milde davonkommen lässt. Was da vor dem Landgericht Bochum über die Bühne ging, war eine Inszenierung, fast schon eine Posse. Das Vertrauen der Bürger in die Justiz hat dabei schwer gelitten. Wohlgemerkt: Es konnte nicht darum gehen, am Angeklagten Zumwinkel ein Exempel zu statuieren, ihn besonders hart zu bestrafen. Gerecht sollte er beurteilt werden, angemessen. Das aber geschah gerade nicht. Möglicherweise befürchtete das Gericht, Zumwinkel werde einen heiklen Punkt thematisieren: Durften seine Liechtensteiner Kontodaten als Beweise verwendet werden? Immerhin waren sie gestohlen und dann dem Dieb vom Bundesnachrichtendienst abgekauft worden. Der Angeklagte Zumwinkel verzichtete - großmütig? - darauf, diesen Aspekt ins Feld zu führen, und das Gericht dankte es ihm auf besondere Art. Damit ist die Grundsatzfrage, wie das so ist mit gestohlenen Beweismitteln, natürlich nicht vom Tisch, irgendwann muss sie geklärt werden. Aber das Verfahren Zumwinkel konnte zunächst mal harmonisch, um nicht zu sagen: kuschelig zu Ende gehen. Das Urteil wird leider auch die Stammtischdiskussionen anheizen, über "die da oben, bei denen eine Krähe der anderen kein Auge aushackt" und über "die" Manager, die angeblich alle nichts taugen. Die Erkenntnis, dass es zu differenzieren gilt, dringt wegen berechtigter Empörung bei vielen Menschen nicht durch. Eine extrem unbefriedigende Situation.
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