Südwest Presse: Kommentar zu Hartz IV
Geschrieben am 27-01-2009 |
Ulm (ots) - Wie viel staatliche Unterstützung braucht ein Kind, um angemessen am Leben teilzunehmen? Deutlich weniger als ein Erwachsener, sagt der Gesetzgeber - und liegt damit vollkommen neben der Spur. Mit sozialer Wirklichkeit hat die willkürliche Festlegung eines Regelsatzes von 60 Prozent des Bedarfs eines Erwachsenen nichts zu tun. Das hat nun das Bundessozialgericht festgestellt und dem Gesetzgeber eine Ohrfeige erteilt. Der finanzielle Bedarf von Kindern ist groß, auch wenn die Betroffenen noch klein an Größe sind. Doch sie wachsen. Schuhe und Kleidung müssen oft binnen kurzem ausgetauscht werden. Das kostet, selbst wenn Hosen und Pullover in Second-Hand-Geschäften erworben werden. Auch die Teilhabe an Bildung hat ihren Preis. Der Schulbedarf, vielleicht sogar ein Landschulheimaufenthalt, ist mit dem Regelsatz nicht abgedeckt, ganz zu schweigen von der Nachhilfe, die auch Kinder aus Hartz-IV-Familien benötigen können. Das alles berücksichtigt die jetzige Pauschale nicht. Sie spart bei Jungen, zu Lasten ihrer Zukunftschancen. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Gesellschaft. Denn ohne eine faire Teilhabe an Bildung im Jugendalter ist ein Ausstieg aus der Armutsspirale als Erwachsener kaum möglich. Mit der jetzt geplanten Anhebung des Regelsatzes ist es nicht getan. Gefragt sind gestaffelte "Antworten" auf den tatsächlichen Bedarf. Dem sollte sich der Gesetzgeber stellen.
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