Berliner Morgenpost: Verlierer sind die kleinen Unternehmen - Kommentar zum gescheiterten Umweltgesetzbuch
Geschrieben am 02-02-2009 |
Berlin (ots) - Umweltgesetzbuch? Nie gehört! Schon der Name klingt nach staubiger Amtsstube und monströser Bürokratie. Und davon gibt es in Deutschland ja wahrlich schon genug. Es ist also kein Wunder, dass sich bislang kaum jemand für dieses umweltpolitische Projekt interessiert hat. Politiker, Fachleute und Verbände haben zwei Jahrzehnte daran gearbeitet. Nun ist das Projekt gescheitert. Und plötzlich ist das Interesse am UGB, wie es abgekürzt heißt, überhaupt erst einmal erwacht. Da aber zeigt sich dann: Das Umweltgesetzbuch ist alles andere als verstaubt, sondern ein vernünftiger Versuch, das unübersichtliche und zersplitterte deutsche Umweltrecht endlich zu modernisieren. Es gibt schon viele gesetzliche Vorschriften, die Wasser, Luft, Boden, Artenvielfalt und Natur schützen sollen. Es wäre zunächst einmal eine sinnvolle Formalie gewesen, die bestehenden Gesetze in einem Gesetzbuch unverändert zusammenzufassen. Ein solches einheitliches Gesetzbuch hätte die Arbeit von Unternehmen und Behörden erleichtern können, wäre aber allein dem Anspruch der Modernisierung noch nicht gerecht geworden. Entscheidend waren vielmehr die Pläne, die Genehmigungsverfahren für den Neubau einer Fabrik oder einer Werkhalle zu vereinfachen. Bislang müssen die Unternehmen dafür mehrere Anträge einreichen: Eine Behörde ist für das Wasserrecht zuständig, die nächste für den Lärmschutz, eine dritte für den Naturschutz. Künftig sollte nur noch ein Antrag erforderlich sein. Das hätte Zeit und Geld gespart. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen hätten davon profitiert. Dass nun Bayern ausgeschert ist und das UGB ablehnt, könnte auch den Interessen der Bauern geschuldet sein. Der Neubau einer Siloanlage oder eines Schweinestalls muss zwar jetzt schon genehmigt werden. Durch die integrierte Vorhabengenehmigung, wie das geplante Antragsverfahren im Amtsdeutsch heißt, drohten aber Bauten wie etwa eine Biogasanlage überhaupt erst unter die Genehmigungspflicht zu fallen. Die Bauern, die sich durch Umweltauflagen aus Brüssel ohnehin schon gegängelt fühlen, fürchteten noch mehr Auflagen. Durch Änderungen am Gesetzentwurf konnten aber bereits viele Bedenken ausgeräumt werden. Umso unverständlicher ist es, dass die große Koalition nicht alles unternommen hat, um dieses umweltpolitische Projekt zum Ende zu führen. Gerade angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise hätten Kosteneinsparungen durch Bürokratieabbau zum Erhalt von Arbeitsplätzen beitragen können. Am Ende waren es offensichtlich keine fachlichen Gründe, die zum Scheitern geführt haben. So gibt es nur eine Erklärung: Union und SPD gönnen sich im Superwahljahr gegenseitig den Erfolg nicht. Und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wollte sich wieder einmal gegen die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellen, um Stärke zu demonstrieren. Die Verlierer sind die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die es in Zeiten der Krise besonders schwer haben.
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