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Distanz statt Nähe Netzwerk Recherche legt 10-Punkte-Papier zum Verhältnis von Pressesprechern und Journalisten vor

Geschrieben am 13-02-2009

Wiesbaden (ots) - In einem 10-Punkte-Papier warnt die
Journalistenvereinigung netzwerk recherche e.V. vor einer zu großen
Nähe zwischen Journalisten und Pressesprechern. "Enge
Vertrauensverhältnisse fördern Grenzüberschreitungen", heißt es in
dem Positionspapier. Zum Grundwissen der Journalisten über die
Berufsrolle der Gegenseite müsse die Kenntnis gehören, dass
Pressesprecher nur gefilterte Informationen präsentieren können, dass
sie die Mechanismen der Medienberichterstattung für ihre Zwecke
nutzen und dass Ausweichmanöver und das Abblocken von unbequemen
Fragen Teil des Alltagsgeschäft von Pressesprechern sind. Während der
Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche am 5./6.6.2009 im
NDR-Konferenzzentrum in Hamburg wird das Verhältnis von Journalisten
und Pressesprechern ein zentrales Thema sein. "Die Berufsrolle der
Pressesprecher hat sich in den vergangenen Jahren stark zu Gunsten
eines Verlautbarungsjournalismus im Sinne der jeweiligen Auftraggeber
gewandelt", sagte der Vorsitzende von netzwerk recherche (nr), Thomas
Leif, bei der Vorlage des Diskussionspapiers. "Statt nüchterner
Expertise werden Journalisten immer häufiger mit vorgestanzten
Formulierungen abgespeist, statt umfassender Information zu aktuellen
Konfliktthemen, präsentieren viele Pressesprecher lediglich die
Salamitaktik ihres Vorstands." Die jüngsten Datenskandale bei der
Deutschen Bahn, Discountern und der Deutschen Telekom haben belegt,
dass in den Pressestellen oft Informationsverhinderung vor
Transparenz geht.

Das Positionspapier identifiziert Fehlverhalten und Defizite auf
beiden Seiten. Es kritisiert redaktionelle Gefälligkeitsberichte für
Anzeigenkunden, den leichtfertigen Verzicht auf Recherche, die
Vernachlässigung einer kritischen Würdigung der Fakten sowie die
unzureichende inhaltliche Vorbereitung von Gesprächen. Das
10-Punkte-Papier fordert daher von Journalisten vor allem eine klare
Definition von Informationszielen im Umgang mit Pressesprechern,
erinnert an zwingend notwendige Gegenrecherchen und verlangt den
Verzicht auf komplett konfektionierte Beiträge, die von PR-Profis
immer häufiger als "journalistische Serviceleistungen" kostenlos
angeboten werden. "Viel zu häufig ist die Bequemlichkeit von
Journalisten das Fundament für die Botschaften der Pressesprecher",
heißt es in dem Papier. "Wenn Journalisten diese Maßstäbe
akzeptieren, machen sie sich selbst zu Instrumenten einer gesteuerten
Kommunikation, die lediglich die bestellten Wahrheiten von Konzernen,
Institutionen und politischen Akteuren transportiert," so der
Vorsitzende von netzwerk recherche e.V.

Um die Informationsqualität der Öffentlichkeit und die
Arbeitsbedingungen von Journalisten zu verbessern, formuliert
netzwerk recherche drei zentrale Forderungen: Erstens sollten alle
Institutionen die Informationsfunktion und die Freiheit der
Pressesprecher stärken und zum Beispiel jegliche Rollen-Vermischung
mit Marketingabteilungen organisatorisch ausschließen. Zweitens
sollten sich alle Berufsverbände, die Pressesprecher organisieren,
stärker berufsethischen Fragen und der Trennung der Berufswelten
widmen. Drittens sollten die Kommunikationsverantwortlichen der
Bundesregierung, der Landesregierungen und andere öffentlich
finanzierte Institutionen die sachliche und umfassende Vermittlung
von Fakten in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen, die in den
Landespressegesetzen normierte Informationspflicht verinnerlichen und
die zunehmende Beauftragung externer PR-Agenturen kritisch
überprüfen.

Das Positionspapier wurde vor seiner Veröffentlichung auch
intensiv mit Pressesprechern diskutiert. Der Kommunikationsberater
und frühere VW-Pressesprecher Klaus Kocks, hatte in diesem
Zusammenhang konstatiert, dass in der Beziehung von Journalisten und
Pressesprechern mitunter "eine Unkultur der gegenseitigen Verachtung"
entstanden sei. Er hatte betont, dass das gemeinsame Interesse von
Pressesprechern und Journalisten eine "saubere Publizistik" sein
müsse. Gleichwohl habe man im Zweifel gegenläufige Interessen. Kocks
hatte für eine besondere Form des Zusammenwirkens plädiert: "Die
Kollaboration ist die begrenzte Zusammenarbeit von Gegnern, die
darauf achten, sich nicht zu beschädigen". "In diesem Sinne fordert
das vorliegende nr-Positionspapier Distanz der Journalisten gegenüber
dem 'wording' der Pressesprecher und Respekt der Pressesprecher
gegenüber dem Informationsauftrag der Journalisten", so Leif.

Das Positionspapier steht auf der Internetseite von netzwerk
recherche e.V. zum Download bereit: http://www.netzwerkrecherche.de/d
ocs/090213_NR-PosPapier-Pressesprecher.pdf

Originaltext: netzwerk recherche
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/50273
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_50273.rss2

Pressekontakt:
Dr. Thomas Leif (Tel. 061 31 / 929 35 04)


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