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Ostthüringer Zeitung: Mamensketten

Geschrieben am 20-02-2009

Gera (ots) - Von Thomas Wunderlich
Zu den allergefährlichsten Dingen dieser Welt gehört die Namenskette.
Erst kürzlich fühlte sich beispielsweise eine große Zeitung
verpflichtet, ihren Lesern sämtliche Vornamen des neuen
Bundeswirtschaftsministers mitzuteilen. Damit war schon fast die
gesamte Seite zu; allerdings stimmte einer der Namen gar nicht. Er
war lediglich eine listige Internet-Fälschung bei Wikipedia, die ein
Spaßvogel eingefügt hatte. Also äußerste Vorsicht vor Namensketten!
Das meint auch die Bundesregierung, die in dieser Woche vor dem
Bundesverfassungsgericht das seit 1993 geltende Verbot von
Dreifachnamen verteidigen musste, weil ein Anwaltsehepaar seine
Grundrechte begrenzt sieht. Die Bildung solcher Namensketten, in
diesem Fall nach einer Hochzeit, sei zu vermeiden, meinte
Justizministerin Zypries, sonst gingen Identifikationsmöglichkeiten
verloren. Wie recht sie hat; beim Wirtschaftsminister wurde ja auch
ein Name eingeschmuggelt, mit dem sich Freiherr zu Guttenberg nicht
identifizieren kann. Bloß gut, dass sich die Bundesregierung um solch
schwerwiegende Dinge kümmert und nun auch noch das Verfassungsgericht
das Gesetz prüfen muss. Wo kämen wir sonst hin, wenn jeder so hieße,
wie er heißen will.
Womöglich steckt aber viel Schwerwiegenderes dahinter. Namensketten,
fand kürzlich eine Kölner Werbeagentur heraus, können bei einer Wahl
Stimmen kosten. Seit 30 Jahren hätten bei allen Wahlen meist die
Spitzenkandidaten mit einfachen Namen jene mit Doppelnamen
geschlagen. Zuletzt funktionierte das in Hessen, wo SPD-Kandidat
Thorsten Schäfer-Gümbel einem gewöhnlichen Koch unterlag. Flugs zog
die SPD daraus Konsequenzen.
Sie kappte den Namen ihres Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier
um den Walter. Alle würde ihn ohnehin nur Frank nennen, meinte
Parteichef Müntefering. Allerdings kursierten in dieser Woche auf der
Internet-Seite der SPD noch beide Varianten. Mein Gott, Walter!
Hoffentlich führt das nicht zu Identifikationsproblemen. Nicht
auszudenken, bekäme Frank bei der Wahl mehr Stimmen als Frank-Walter.
Trotz allem sind Namensketten in der Politik beliebt. Der Bundesrat
hatte gestern über das Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz, kurz und
bündig KraftSTÄndG, zu entscheiden. Welch herrliche Kette. Ebenso das
Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland,
dem Volk eher als Konjunkturpaket bekannt. Das fand im Bundesrat doch
noch eine Mehrheit, obwohl die Oppositionsparteien arge
Bauchschmerzen haben und damit jene Landesregierungen, an denen sie
beteiligt sind, in arge Schwierigkeiten brachten.
Man kann das Paket sicher vielfältig kritisieren, aber immerhin
rechnen Wirtschaftsforscher, dass es den in diesem Jahr zu
erwartenden Einbruch beim Wirtschaftswachstum um ein halbes Prozent
verringern und gut 100 000 Jobs retten könnte. Ablehnung wäre also
vermutlich nicht gut angekommen vor so vielen Wahlen.
Und so bot das Gesetz mit der hoffnungsvollen Namenskette zwei gute
Seiten. FDP, Grüne und Linke konnten sich mit Forderungen nach mehr
Steuererleichterungen, nach mehr ökologischer oder sozialer
Ausrichtung kräftig profilieren. Rot-Rot in Berlin und Schwarz-Grün
in Hamburg enthielten sich auch der Stimme unüberbrückbare
Meinungsverschiedenheiten. Doch die Paketannahme wird nicht
verweigert. Auch Kraftmeier weisen keinen Geldboten ab.

Originaltext: Ostthüringer Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/74527
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_74527.rss2

Pressekontakt:
Ostthüringer Zeitung
Redaktion Ostthüringer Zeitung
Telefon: +49 3447 52 59 70
redaktion@otz.de


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