Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema EU-Gipfel:
Geschrieben am 01-03-2009 |
Bielefeld (ots) - Der EU-Sondergipfel in Brüssel hat gezeigt: Noch lebt der europäische Gedanke. Ob er aber auch gelebt wird, das werden erst die nächsten Wochen zeigen. Es wartet viel Arbeit, und bis zum regulären Gipfel Mitte März ist es nicht mehr weit. Doch ohne konkrete Vereinbarungen dürfte es beim G20-Treffen Anfang April in London sehr schwer werden, im Namen der 27 EU-Mitgliedsstaaten auf weltweite Regeln für den Finanzmarkt zu drängen. Als Erfolg zu werten ist, dass der Brüsseler Sondergipfel dem von Ungarn geforderten milliardenschweren Sonderprogramm für den Finanzsektor Mittel- und Osteuropas eine klare Absage erteilt hat. Unterstützung nach dem Gießkannenprinzip ist das Letzte, was sich die europäische Staatengemeinschaft derzeit leisten kann. Dazu ist die Krise zu groß und zwar in allen Mitgliedsländern. »Erst einmal ist jedes Land für sich selbst verantwortlich«, heißt deshalb die Devise, die der tschechische Ratspräsident Mirek Topolanek freilich in wesentlich diplomatischere Worte gefasst hat. Damit ist jedoch längst nicht gesagt, dass die EU am Ende nicht doch einspringt, wenn sich die Lage in einzelnen Mitgliedsstaaten dramatisch zuspitzen sollte. Neben Ungarn ist zuletzt vor allem Lettland in eine bedrohliche Schieflage geraten. Eigenverantwortlichkeit ja, eigene Süppchen nein: So lautet der zweite, noch wichtigere Teil der Botschaft aus Brüssel. Und hier fällt der Glaube schon wesentlich schwerer. »Wir haben uns geeinigt, dass es keinen einzigen Fall von Protektionismus gibt«, sagte Topolanek gestern zum Abschluss des Gipfels. Das klingt nicht nur merkwürdig, sondern das ist es auch. Fast fühlt man sich an ein Kleinkind erinnert, dass die Augen schließt und glaubt, alle Anderen ringsum seien plötzlich verschwunden. Besonders im Fokus stehen dabei nicht so sehr die kleineren, finanzschwachen Mitgliedsstaaten, sondern die führenden europäischen Nationen. Wenn es um ihre Autoindustrie geht, ist sowohl Franzosen, als auch Spaniern und Italienern jedes Mittel der Hilfe Recht. So ist fraglich, wie sehr sich Frankreichs umtriebiger Staatspräsident Nicolas Sarkozy an sein am Samstag gegebenes Versprechen hält, die heimischen Autobauer bei Stützungsaktionen nicht über Gebühr zu bevorzugen. Auch auf Bundeskanzlerin Angela Merkel richten sich die Augen in dieser Frage. Wenn sich Bund und Länder an einem Rettungsplan für Opel beteiligen, werden die europäischen Nachbarn und Brüssel ganz genau hinschauen. Wieder einmal kommt der deutschen Politik eine Schlüsselrolle für die zukünftige Gestaltung des europäischen Hauses zu. Dabei geht es um sehr viel: Das Prinzip der offenen Märkte steht ebenso auf dem Prüfstand wie das der Solidarität. Nationale Alleingänge mögen verlockend sein, doch kein Staat wird diese Krise für sich alleine meistern können. Wenn die Europäische Union stark bleiben will, müssen ihre Mitgliedsstaaten zusammenstehen: gerade jetzt!
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
189016
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Tarifabschluss: Bielefeld (ots) - Mit der Forderung nach acht Prozent mehr Lohn - ganz nach dem Vorbild anderer Branchen - waren die Gewerkschaften in diese Tarifrunde im öffentlichen Dienst gegangen. Die dramatische Entwicklung in den Landeshaushalten durch die tiefe Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Gewerkschaften jedoch zurück auf den Boden der Tatsachen geholt. So kann der nordrhein-westfälische Finanzminister Helmut Linssen (CDU) entgegen allen Planungen in diesem Jahr keinen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen. Beide Seiten haben den Ernst mehr...
- Der neue Tag: Kommentar zum EU-Gipfel Weiden (ots) - Gute Zeiten, schlechte Zeiten: Zehn Jahre nach der Einführung des Euro wird sich herausstellen, ob die europäische Währungsunion mehr ist als eine Wette auf üppige Wachstumsraten. Die EU kann wählen, was billiger und effizienter ist: Ein großer Solidaritätsfonds Osteuropa oder Einzelhilfen für notleidende Staaten. Nur eines kann sie nicht: Auch nur einen der möglichen Pleitekandidaten über die Klinge springen lassen. Originaltext: Der neue Tag Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/70539 Pressemappe mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Linkspartei Osnabrück (ots) - Radikal ist nicht sozial Was waren das für quälende Debatten, als sich der damalige SPD-Chef Kurt Beck um einen Kurs gegenüber der Linken herumzudrücken versuchte. Als diese Partei laut Umfragen die SPD in manchen Ländern zu schlagen drohte. Als Andrea Ypsilanti durch ihren Linksflirt in Hessen den Ruf der Sozialdemokratie schädigte und den eigenen ruinierte. Nun aber scheint der Wirtschaftskrise zu gelingen, woran SPD und auch Union über Jahre gescheitert sind: nämlich die Linkspartei zu entzaubern. Während mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu EU-Gipfel Osnabrück (ots) - Noch solidarisch? Freunde erkennt man in der Not. Deshalb lässt der jüngste EU-Gipfel wie kein anderer Rückschlüsse auf das Innenverhältnis der Staatengemeinschaft zu. Das Resultat ist nicht berauschend: Zwar wurde vor allem dank der tschechischen Präsidentschaft eine Spaltung der Europäischen Union in West und Ost verhindert, aber bei neuen EU-Mitgliedern ist die Furcht vor massiver Benachteiligung in der Krise geblieben. Dass es mit der Solidarität innerhalb der EU derzeit nicht weit her ist, beweist zum Beispiel mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu UNO-Tribunal / Hariri-Attentat Osnabrück (ots) - Wenn Wahrheit ungelegen kommt Zweifellos ist ein UNO-Tribunal dem heimtückischen Mord an Regierungschef Rafik Hariri und 22 weiteren Libanesen angemessen. Aber das Gericht wird an enge Grenzen stoßen. Schließlich geschah das Hariri-Attentat wie alle Politverbrechen unter bestimmten politischen Umständen. Die aber haben sich seit 2005 verändert. Entsprechend gering ist allseits die Motivation einzuschätzen, über klare Schuldzuweisungen durch das Tribunal in die Laufgräben der Konflikte von damals zurückzukehren. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|