(Registrieren)

WAZ: Streit um Vertriebenen-Stiftung - Rückzug als Zeichen des Protests - Leitartikel von Angela Gareis

Geschrieben am 04-03-2009

Essen (ots) - Ein Stuhl soll vorläufig unbesetzt bleiben als
sichtbares Zeichen des Protests, der den Verzicht von Erika Steinbach
auf einen Platz im Rat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung"
begleitet. Ein leerer Stuhl also könnte zu einer Art Mahnmal für die
Unversöhnlichkeit zwischen der Präsidentin des Bundes der
Vertriebenen und Polen werden.

Der Konflikt, der eher beiseite als beigelegt wurde, hat so viel
irrationale Facetten und innenpolitische Implikationen, dass jede
Beruhigung als Fortschritt zu bewerten ist. Auf die von ihnen so
genannte "blonde Bestie" Steinbach konzentrieren vor allem
konservative Polen ihre Angst, die Deutschen könnten ihre Verbrechen
im Zweiten Weltkrieg relativieren wollen, indem sie ihre Opfer durch
die Vertreibungen hervorhöben. Der polnische Ministerpräsident Donald
Tusk sieht sich offenbar außer Stande, zwischen den konservativen und
liberalen Kräften in seinem Land zu vermitteln.

Auch in Deutschland ist Steinbach umstritten, nicht so brutal wie
in Polen, aber doch in einer Weise, die der Christdemokratin nicht
gerecht wird. Dass tagelang kein Politiker sie gegen Wladyslaw
Bartoszewskis Vergleich mit dem Holocaust-Leugner Richard Williamson
verteidigte, spricht für sich. Ralph Giordano, ein Verfolgter der
Nazis, nahm Steinbach in Schutz und warnte davor, sie eine
Revanchistin zu nennen. Wenn nun Christdemokraten Kritik an
Sozialdemokraten üben, weil sie Steinbach zum Rückzug gedrängt haben,
dann geht nicht alles mit ehrlichen Dingen zu.

Im Grunde hat die SPD Angela Merkel dabei geholfen, die
Auseinandersetzung mit Polen zu entschärfen. Warschau hatte die
Personalie Steinbach zum Gradmesser für die Versöhnung zwischen Polen
und Deutschland erhoben. Die Kanzlerin hätte sich dem Druck ohnehin
gebeugt. Steinbachs Entscheidung wohnt eine gewisse Tragik inne, weil
die Stiftung ihr Projekt ist und nur Wirklichkeit werden kann, wenn
sie es mindestens vorläufig für sich aufgibt.

Der leere Stuhl im Stiftungsrat ist möglicherweise ein
angemessener Protest, denn der Vertriebenen-Präsidentin ist Unrecht
widerfahren. Sie war es, die im Bund der Vertriebenen mit
verbliebenen revanchistischen Gedanken aufräumte und Forderungen an
Polen Einhalt gebot. Gerade vor diesem Hintergrund hat Steinbach mit
ihrem Rückzug eine anerkennenswerte Haltung gezeigt. Ihre dem
Verzicht nachgeschobene Äußerung, Polen verspiele seine Reputation,
muss man mit dem Blick auf die persönliche Tragweite akzeptieren.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

189879

weitere Artikel:
  • Märkische Oderzeitung: Kommentarauszug zu Mehdorn Frankfurt/Oder (ots) - Man wird Hartmut Mehdorns Verdienste um die Modernisierung der Bahn kaum bestreiten können. Er war es, der aus dem einstigen verlustreichen, reichlich angestaubten Staatsbetrieb einen weltweit agierenden, Gewinn erzielenden Mobilitäts- und Logistikkonzern geschmiedet hat. Jetzt läuft er Gefahr, die Krönung seines Werks, den Börsengang der Bahn, nicht mehr im Amt zu erleben. Das liegt zum einen an dem anhaltenden politischen Widerstand gegen das Projekt, zum anderen an Mehdorn selbst. Sein Auftritt vor dem Verkehrsausschuss mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Althaus Halle (ots) - Althaus ist Schuld am Tod einer 41-jährigen Mutter. Das wiegt schwer und wird auch durch die tragischen Umstände des Falls nicht relativiert. Fest steht: Der unglückliche Althaus hat auf der Skipiste gegen Regeln verstoßen und damit eine Frau umgebracht. Diese Gewissheit wird ihn ein Leben lang begleiten. Eine schwere Bürde, die niemandem zu wünschen ist. Im strengen Wertekanon für Politiker ist aber für Mitleid kein Platz. Minister treten zurück, weil sie auf der Autobahn zu schnell fahren oder zur falschen Zeit im falschen mehr...

  • Rheinische Post: Merz, Benedikt, Steinbach Düsseldorf (ots) - von Sven Gösmann Auf den ersten Blick haben diese Nachrichten nichts miteinander zu tun: Erika Steinbach, Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, verzichtet nach hitziger Debatte auf einen Sitz im Stiftungsbeirat des geplanten Zentrums für Vertreibung. Und das Meinungsforschungsinstitut Forsa ermittelt für die CDU/CSU bei der so genannten Sonntagsfrage 33 Prozent, den niedrigsten Wert seit drei Jahren. Doch der zweite Blick reicht weiter. Der honorige Schritt der CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach verwischt mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: zu Erika Steinbach Stuttgart (ots) - Dem Streit ist vorerst die Spitze gebrochen, die Lage entschärft. Mehr aber auch nicht. Es bleibt ein Trümmerhaufen im deutsch-polnischen Miteinander zurück, den viele aufgeschüttet haben. Der Sieg der Steinbach-Gegner ist kein Triumph, kein Zeichen der Völkerverständigung oder Versöhnung. Steinbachs Kandidatur war von vornherein ein Kräftemessen. Jetzt gilt es wieder einmal aufzuräumen. Originaltext: Stuttgarter Nachrichten Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/39937 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_39937.rss2 mehr...

  • Weser-Kurier: Hildesheimer Putz-Streit beigelegt - Stadt gibt nach Bremen (ots) - Der Streit um geplante Putzdienste von Hildesheimer Schülern ist beigelegt. Das berichtet der WESER-KURIER (Bremen) in seiner morgigen (Donnerstag-) Ausgabe. Die Stadtverwaltung hat gestern Nachmittag einen Rückzieher gemacht: Die Kinder und Jugendlichen brauchen ihre Klassenräume auch künftig nicht selbst reinigen. Eine entsprechende Mitteilung ging an die Schulleiter. Das Kultusministerium, das von Oberbürgermeister Kurt Machens informiert wurde, zeigte sich "erfreut und zufrieden". Durch die Schüler-Putzdienste wollte mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht