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Berliner Morgenpost: Eine Krise, die Arme wie Reiche hart trifft

Geschrieben am 09-03-2009

Berlin (ots) - Düsterer könnte das Szenario der Weltbank kaum
sein: Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wird die Wirtschaft rund um
den Globus 2009 nicht wachsen, sondern schrumpfen. Die Krise hätte
damit endgültig eine andere Dimension erreicht als all ihre
Vorgänger. Sie ist ein Ereignis, das sich ins Kollektivgedächtnis der
ganzen Welt einprägen wird. Die Menschheit insgesamt wird am Ende
dieses Jahres ärmer sein als zu Beginn - falls nicht noch ein Wunder
geschieht.
Natürlich steht zunächst vor allem auch das Geschäftsmodell von
Exportnationen wie Japan und Deutschland auf dem Prüfstand, deren
Absatz gerade förmlich in sich zusammenbricht. Die Ausfuhren Japans
haben sich im Januar im Vergleich zum Vorjahr fast halbiert. Und auch
aus den deutschen Unternehmen kommen beinahe täglich neue
Hiobsbotschaften. So wie die deutsche Wirtschaft von einem Aufschwung
besonders profitiert, so leidet sie nun auch stärker als andere unter
der ökonomischen Vollbremsung.
Doch was ist die Alternative? Die Vorstellung etwa, dass Deutschland
nur noch das, was es selbst braucht, herstellt und sich aus der
internationalen Arbeitsteilung ausklingt, ist völlig illusorisch. In
einem kleinen, bevölkerungsreichen Land würde dies zweifellos in die
Verarmung führen. Und auch die Vorstellung, der heimische Konsum
allein könne es richten, ist eine Utopie. Denn wie sollen die
Bundesbürger ausgerechnet mitten in aller Unsicherheit dazu gebracht
werden, weniger zu sparen und mehr auszugeben? Und wäre eine solche
Entwicklung angesichts der Erfahrungen mit der ungehemmten Konsumlust
der Amerikaner überhaupt wünschenswert?
Die Wucht der Krise trifft solide Exporteure inzwischen ebenso wie
Finanzjongleure, macht zwischen wohlhabenden Industriestaaten und den
ohnehin armen Ländern der Dritten Welt keinen Unterschied. Im
Gegenteil, für die Entwicklungs- und Schwellenländer, die in den
vergangenen Jahren von der steigenden Nachfrage nach Rohstoffen,
Textilien oder Lebensmitteln profitierten, sind die Folgen des
schrumpfenden Welthandels eher noch schlimmer. Bei ihnen geht es
nicht nur um den Verlust von Arbeitsplätzen, sondern oft genug um die
nackte Existenz.
Wenn also schon nicht wirtschaftliche Vernunft, sollte wenigstens das
Mitempfinden mit den Schwachen die Politik daran hindern, jetzt mit
den Aufbau von neuen Handelshemmnissen zu beginnen. Denn all die
Kritiker, die in der Krise den endgültigen Beweis dafür sehen, dass
Kapitalismus und Globalisierung ein Teufelszeug sind, irren. Die
Rezession trifft die aufstrebenden Länder ja eben nur deshalb mit
solcher Wucht, weil die Globalisierung ihnen zuvor erst die
wirtschaftliche Integration und den Aufbau von Wohlstand ermöglicht
hat. Und umgekehrt werden die Industrieländer kaum zu Wachstum
zurückfinden, ohne dass die Nachfrage auf den Schwellenmärkten wieder
anspringt.
Die Menschen sitzen auch wirtschaftlich in einem Boot - das ist die
entscheidende Lehre dieser Krise. Neue Barrieren im Handel schaden am
Ende allen.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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