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Arbeitsgemeinschaft Rehabilitation und Nachsorge nach Schädelhirnverletzung thematisiert gravierende Defizite in der Nachsorge schädelhirnverletzter Menschen

Geschrieben am 12-03-2009

Bonn (ots) - Mehr als 200 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet
treffen sich im Bonner Forschungszentrum caesar zum 3.
Nachsorgekongress "Rehabilitation und Nachsorge nach
Schädelhirnverletzung, Teilhabe: Wege und Stolpersteine 2009". Die
Resonanz auf die bereits drei Wochen vor Beginn ausgebuchte
Veranstaltung zeigt, welche Bedeutung das Thema 'Nachsorge und
Rehabilitation' hat.

In der Arbeitsgemeinschaft Rehabilitation und Nachsorge nach
Schädelhirnverletzung diskutieren Selbsthilfeverbände und
-organisationen mit Ärzten und Neuropsychologen. "Gemeinsam suchen
wir Lösungsansätze für die unzureichende Versorgung hirnverletzter
Menschen in der Phase nach der postakuten Rehabilitation",
unterstreicht Ute-Henriette Ohoven, Präsidentin der ZNS - Hannelore
Kohl Stiftung.

Während Akutbehandlung und stationäre Rehabilitation in
Deutschland flächendeckend vorgehalten werden, fehlt es fast
vollständig an einer ausreichenden Nachsorge. Einige
Therapiedisziplinen seien zwar auf Rezept verfügbar - wenn auch durch
verschiedene Sparmaßnahmen in unzureichendem Umfang -, andere, wie
etwa die Neuropsychologie, die sich mit den kognitiven und
emotionalen Folgen solcher Verletzungen beschäftigt, seien ambulant
nur in den seltensten Fällen zu erhalten. Dass gerade die
Neuropsychologie, die helfe Fehlentwicklungen zu vermeiden, für die
Betroffenen nur unzureichend zugänglich sei, werde für viele
Betroffene zum Stolperstein bei den alltäglichen Herausforderungen,
bekräftigt Dr. Hartwig Kulke, Herzogenaurach.

Das Ausmaß körperlicher und neuropsychologischer Störungen - das
können Störungen der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses, der Sprache,
der logischen Schlussfolgerungen, der Handlungsplanung sowie der
Kritikfähigkeit, des Sozialverhaltens und der Emotionalität sein -
führt im Zusammenhang mit der Persönlichkeitsstruktur eines jeden
schädelhirnverletzten Menschen zu sehr unterschiedlichen
Genesungsverläufen.

Auch eine oft Monate andauernde stationäre Rehabilitation reicht
in der Regel für eine Wiedereingliederung ins alltägliche Leben nicht
aus. Unbedingt erforderlich ist nach Dr. Paul Reuther, Ahrweiler,
eine anschließende ambulante Weiterbehandlung in der realen
Lebenswelt des Betroffenen, denn ohne nachgehende fachkundige
Förderung und Begleitung bleibt ein Betroffener mit Sicherheit hinter
seinen Möglichkeiten zur Rückkehr in das Leben (Teilhabe) zurück.
Damit droht auch die Rückkehr in den Beruf zu misslingen. Und auch
das Zurechtkommen in Familie und Partnerschaft ist gefährdet. So
unterschiedlich jedes einzelne Schicksal ist - eines haben alle
Angehörigen der Hirnverletzten gemeinsam: Sie meistern tagtäglich
ihren schweren Alltag, sind Pflegepersonal und Partner in einem. Und
dabei bleiben die eigenen Bedürfnisse oft auf der Strecke und die
meisten muten sich mehr zu, als sie auf lange Sicht meistern können.
Und vielfach fühlen sich Betroffene und Angehörige unverstanden und
allein gelassen.

Multiprofessioneller Dialog auf Augenhöhe In vier verschiedenen
Workshops werden die alltäglichen Herausforderungen und Probleme von
Menschen mit Schädelhirnverletzungen diskutiert: die psychosozialen
Belastungen und Anpassungsprobleme von Betroffenen und Angehörigen,
die schulische und die berufliche ReIntegration von Menschen mit
erworbener Hirnverletzung, aber auch die Chancen und Risiken des
Persönlichen Budgets als neue Finanzierungsform für Sozialleistungen.

Dr. Helmut Peters, Mainz, beleuchtet im Auftrag der
Bundesärztekammer die Probleme der medizinischen Versorgung von
Menschen mit Behinderung unter den derzeitigen Rahmenbedingungen und
fragt provokant aber real: Priorisierungsmedizin? Wer bleibt auf der
Strecke? Die weiteren wissenschaftlichen Beiträge thematisieren
Depression und Angststörungen im Verlauf der Rehabilitation. Nach
einem Schädelhirntrauma stehen nicht die körperlichen Symptome,
sondern lang anhaltende Erschöpfbarkeit, Ablenkbarkeit,
Konzentrationsstörungen und Verlangsamung im Vordergrund, so Prof.
Dr. Claus-Werner Wallesch, Elzach. Auf die besondere Bedeutung der
Rahmenbedingungen in der Umwelt und die individuellen Bedingungen des
Betroffenen für den Erfolg oder Misserfolg der Rehabilitation und
ReIntegration weist Prof. Dr. Wolfgang Fries, München, hin. Die hohe
Zahl und der stetige Zuwachs von Menschen mit dauerhafter
schwergradiger Behinderung durch erworbene Hirnverletzungen wird in
den offziellen Statistiken verborgen. Auf die Problematik des nur
unzureichenden Datenmaterials und die mangelhafte Wahrnehmung über
die Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen und der sehr hohen Zahl der
schädelhirnverletzten Menschen, die insgesamt in Deutschland leben,
weist Dipl.-Psych. Stephan Stolz, Breklum, in seinem Beitrag hin.

Unter welchen persönlichen Rahmenbedingungen Menschen mit
erworbenen Hirnschädigungen in stationären Einrichtungen leben,
beleuchtet Dr. Karin Schoof-Tams, Bad Wildungen. Die rechtlichen
Aspekte erläutert Karin Haese, Kassel, im Themenblock "Wohn- und
Lebensformen - von der Heimversorgung bis zur betreuten
Wohngemeinschaft. Für viele Betroffene und Angehörige mit großem
Interesse sind die verschiedenen Konzepte und Wohnformen in den
vorgestellten Modellprojekten.

Die Arbeitsgemeinschaft Rehabilitation und Nachsorge nach
Schädelhirnverletzung unter der Schirmherrschaft der ZNS - Hannelore
Kohl Stiftung wird die Ergebnisse der Tagung publizieren und in einem
Schreiben an die in der Gesundheits- und Sozialpolitik
Verantwortlichen zusammenfassen, um den Interessen und Bedürfnissen
der Betroffenen Gewicht und Nachdruck zu verleihen, auch um die
Anerkennung eines eigenen Status der Behinderung für die Betroffenen
zu erreichen.

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft "Rehabilitation und Nachsorge
nach Schädelhirnverletzung":
BAG "Nachsorge erworbener Hirnschäden bei Kindern und Jugendlichen",
BDH Bundesverband Rehabilitation e.V.,
Bundesverband ambulant/teilstationäre Neurorehabilitation e.V.,
Bundesverband FORUM GEHIRN e.V.,
Gesellschaft für Neuropsychologie(GNP) e.V.,
Selbsthilfegruppe "Hirnverletzte und Angehörige" Hamburg und
Umgebung, ZNS - Hannelore Kohl Stiftung

Originaltext: ZNS - Hannelore Kohl Stiftung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/54792
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_54792.rss2

Pressekontakt:
ZNS - Hannelore Kohl Stiftung
Helga Lüngen
Rochusstraße 24
53123 Bonn
Telefon: 02 28/9 78 45-0
Telefax: 02 28/9 78 45-55
E-Mail: presse@hannelore-kohl-stiftung.de


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