Ostthüringer Zeitung: Begrenzungen OTZ-Kommentar zu Koalition
Geschrieben am 15-03-2009 |
Gera (ots) - Von Miguel Sanches Man hat es vergessen. Gleich zu Beginn der großen Koalition haben die SPD und CSU die Richtlinienkompetenz der CDU-Kanzlerin in Frage gestellt. SPD-Chef Müntefering redete ständig von Augenhöhe. Drei Jahre lang ging seine SPD wie auf Plateauschuhen, um Merkel in die Augen schauen zu können. Wer sich die Profilneurose vor Augen führt, kann die Heuchelei dieser Tage ermessen, in denen die SPD nach Führung ruft. Würde Merkel auf den Tisch hauen, Machtworte sprechen, gar einsame Entscheidungen treffen, würde Müntefering als erster auf die Barrikade gehen. Was die SPD nicht vorzuführen vermochte, offenbart sich in der Krise: Merkels Begrenzungen. Sie wird nicht nur vom Partner in der Koalition, sondern auch von Parteifreunden umzingelt. Es muss ihr schwer gefallen sein. Aber sie hat sich in der Tat erklärt. Und es lohnt sich, die Kernsätze ihres Interviews in Bild zu wiederholen. Die Krise zwinge uns dazu, Dinge zu tun, die wir sonst nicht tun würden. Aber am Ende des Prozesses können wir die alten Grenzen der sozialen Marktwirtschaft wieder ziehen. Das ist eine doppelte Zumutung. Der erste Teil verstärkt die Entfremdung zur Union. Die vermisst einen Ordnungsrahmen, aus dem man Merkels Politik erklären kann und der nicht schon bei der ersten Bewährungsprobe außer Kraft gesetzt werden muss. Mit dem zweiten Teil der Botschaft macht Merkel sich angreifbar. Zurück zu den alten Grenzen wollen die wenigsten. Wir wollen bessere Grenzen, aus der Finanzkrise Lehren ziehen. Der SPD-Teil der Regierung ist so viel Staat war nie so nah an der eigenen Partei wie schon lange nicht mehr. Während die CDU-Kanzlerin ihrerseits für eine Politik eintritt, die sich sozialdemokratisch anfühlt. Das ist verstörend für die Union. Es gibt Leute, die Parallelen zu Schröder, der Agenda und der SPD ziehen, wohlgemerkt: zur Entfremdung. Eine Kanzlerin, die bei Opel etwa Dinge tut, die wir sonst nicht tun würden, muss sich nicht wundern, wenn ihre Wähler zur FDP laufen oder schlimmer zu Hause bleiben.
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