Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Fritzl-Urteil:
Geschrieben am 19-03-2009 |
Bielefeld (ots) - Josef Fritzl bedauert. Josef Fritzl bereut. Josef Fritzl nimmt das Urteil an. Ruhig. Gefasst. Das ist die eine Seite des 73-Jährigen. Von der hat auch die psychiatrische Gutachterin berichtet. Adelheid Kastner, die Fritzl einen »emotionalen Analphabeten« nennt, weiß um dessen gespaltene Persönlichkeit. Schuldgefühle hier, schwerst gestört bis hin zu gefährlich da. Aber die Bezeichnung krank lässt sie nicht gelten. »Wer krank ist, kann so etwas nicht tun, weil es ihm an Ordnung fehlt, um über eine so lagen Zeit zielgerichtet zu handeln.« Dieses zielgerichtete Handeln hat vor allem seine Tochter Elisabeth zu spüren bekommen. 24 Jahre lang war sie Opfer eines unvorstellbaren Martyriums. Eingesperrt im Keller, viele tausend Mal vom eigenen Vater vergewaltigt und mehrfach geschwängert. Eines der sieben dort unten im Verließ geborenen Kinder überlebte nicht. 66 Stunden hatte Josef Fritzl das Baby leiden lassen, ohne zu reagieren, ohne zu helfen. Diese Grausamkeit ist nach Ansicht der Gutachterin ebenso tief in Fritzl verwurzelt wie das Bedürfnis nach Macht. Das Böse könne er nicht ablegen. Trotz dieser Einschätzung war es letztlich auch das Geständnis des 73-Jährigen, das es dem Gericht erleichtert hat, im wahrsten Sinne des Wortes kurzen Prozess zu machen. Am einstimmigen Schuldspruch der acht Geschworenen hatte allerdings ohnehin kaum jemand gezweifelt. Mord, Sklaverei, Vergewaltigung, Freiheitsentziehung, Inzest und schwere Nötigung - in allen Punkten sah das Gericht Fritzl als überführt an. Mit der lebenslangen Haftstrafe ist der Prozess im Fall Fritzl zunächst abgeschlossen. Doch das Leiden der Elisabeth Fritzl und ihrer Kinder dauert an. Sie müssen sich weiter verstecken, möglichst unerkannt leben, um nicht wie schon einmal geschehen, von Paparazzi erwischt und der Öffentlichkeit präsentiert zu werden. Für dieses Leben auf der andauernden Flucht ist ebenfalls der jetzt verurteilte Josef Fritzl verantwortlich. Dessen letzte Worte vor Gericht - »Ich kann es leider nicht mehr gut machen. Ich kann nur schauen, den Schaden nach Möglichkeit zu begrenzen« - klingen vor diesem Hintergrund mehr als zynisch. Eine gehörige Portion Zynismus aber legt auch die Stadt Amstetten an den Tag. Bis heute weist man hier jede Schuld an dem Verbrechen von sich. An eine Klärung, wie es Fritzl gelingen konnte, die Behörden derart zu täuschen, ist nicht gedacht. Zwar würden auch damit die Gräueltaten im Keller des Fritzl-Hauses nicht ungeschehen gemacht und das Leid der Kinder wäre nicht minder groß. Doch würden die Ursachen gefunden, könnte das in Zukunft vielleicht helfen, ähnliche Verbrechen zu verhindern. Denn der immer postulierte Einzelfall ist Amstetten beileibe nicht. Auch Natascha Kampusch war viele Jahre von ihrem Peiniger im Keller gefangen gehalten worden.
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