Afghanistan: "Neues Denken" führt zu verändertem Verhalten und zu friedlicher Entwicklung / Vermischung von zivilem und militärischem Engagement gefährdet Wiederaufbau
Geschrieben am 27-03-2009 |
Friedrichsdorf, 27. März 2009 (ots) - Anlässlich der Afghanistan-Konferenz in Den Haag fordert die Hilfsorganisation World Vision eine langfristige und nachhaltige Strategie und eine massive Aufstockung der finanziellen Hilfe für den zivilen Wiederaufbau Afghanistans. Seit dem Sturz der Taliban im Oktober 2001 hat sich die Lage in Afghanistan von Jahr zu Jahr verschlechtert. In vielen Städten und Ortschaften funktionieren die politischen und wirtschaftlichen Strukturen nur eingeschränkt oder gar nicht. Viel Infrastruktur liegt am Boden. Trotz gewaltiger Investitionen belasten Armut und die hohe Arbeitslosigkeit das tägliche Leben der Menschen in dem Land am Hindukusch. "Nur durch eine Veränderung der Denkmuster sowohl bei den in Afghanistan engagierten westlichen Mächten als auch bei der afghanischen Bevölkerung, kann langfristig ein stabiler Friede erreicht werden", betont Dr. Michael Juricic, World Vision Operations Director in Herat. "Sobald eine Mehrheit der Afghanen erkennt, dass sich ihr Leben durch wirtschaftliche Entwicklung, eine bessere Schulbildung, die Förderung von Wissenschaft und moderner Technik verbessert, wird sich auch das Verhalten der Menschen verändern. Langfristig führt dies zu einem modernen und aufgeklärten Staat."
Das Engagement der Nichtregierungsorganisationen muss stärker unterstützt werden. "Obwohl der Kampf gegen den radikalen Fundamentalismus wichtig und von hoher Bedeutung ist, muss die zivile Aufbauarbeit von erfahrenen Entwicklungshelfern übernommen werden und nicht von militärischen Organisationen mit angeblich entwicklungsorientiertem Auftrag (PRT-Teams, Provinicial Reconstruction Teams). Wiederaufbau gehört in die Hände von erfahrenen Entwicklungshelfern, die sich in Afghanistan auskennen und die kulturellen und religiösen Besonderheiten eines Landes bei ihrer Arbeit berücksichtigen", fordert Juricic. Seit etwa sechs Jahren sind sogenannte PRT-Teams in Afghanistan tätig, die der NATO unterstellt sind und den zivilen Wiederaufbau unterstützen sollten. Bisher konnten diese Teams die Sicherheit in Afghanistan jedoch nicht gewährleisten und führten im Gegenteil zu einer Instrumentalisierung und Politisierung der humanitären Hilfe.
Afghanistan ist eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt; 54 Prozent der afghanischen Kinder sind chronisch unterernährt und viele Kinder sterben vor Erreichen des fünften Lebensjahrs. Viele Schwangere und junge Mütter sterben vor, während oder kurz nach der Geburt.
World Vision arbeitet seit 2001 in Afghanistan und ist in der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit unter anderem im Bildungs- und Gesundheitsbereich tätig. So konnte durch den Bau von Schulen und die Ausbildung von Lehrerinnen vielen Kindern, insbesondere auch Mädchen, der Schulbesuch wieder ermöglicht werden. In speziell errichteten Gesundheitsstationen wurden insbesondere Frauen über HIV/AIDS aufgeklärt. Mobile Krankenstationen versorgten die Menschen in ländlichen Gebieten mit medizinischer Hilfe. Mit speziellen Programmen für Schwangere, junge Mütter und Babys soll der Gesundheitszustand dieser Bevölkerungsgruppe verbessert und die Sterberate reduziert werden.
Im Winter 2007-2008 litt die Bevölkerung in den westlichen Provinzen Afghanistans unter einem extrem kalten und schneereichen Winter, der sie von sämtlicher Versorgung vorübergehend abgeschnitten hatte. Auch durch die vorangegangene Dürre und den Anstieg der Lebensmittelpreise waren viele Menschen nicht mehr in der Lage, sich und ihre Familien zu versorgen. World Vision unterstützte die Bedürftigen daher mit Nahrungsmitteln, Heizmaterial und warmer Kleidung. Obdachlose und Binnenflüchtlinge wurden mit Zelten versorgt.
Juricic fordert die internationale Gemeinschaft auf, den Fokus auf die friedliche, zivile Entwicklung Afghanistans zu legen und entsprechende Strategien stärker aufeinander abzustimmen. "Wir brauchen engagierte Politiker mit Weitblick. Die Korruption muss landesweit bekämpft werden. In vielen Orten gibt es keine funktionierenden zivilen Strukturen", betont Juricic. "Die Menschen brauchen eine Zukunftsperspektive für sich und ihre Kinder. Diese ist nur zu erreichen, wenn die internationale Gemeinschaft eine nachhaltige Entwicklungspolitik unterstützt und dafür sorgt, dass die Menschen Arbeit und eine gute Ausbildung haben. Mit Gewalt kann man keine positive Veränderung in den Köpfen der Menschen erreichen."
Originaltext: World Vision Deutschland e. V. Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6795 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6795.rss2
Pressekontakt: Das Positionspapier zur Afghanistan-Konferenz und Interviews mit Dr. Michael Juricic in Afghanistan vermittelt World Vision Deutschland. TV-Material kann ebenfalls abgerufen werden: (06172) 763-151 oder -155.
HINTERGRUND World Vision Deutschland e.V. ist ein christliches Hilfswerk mit den Arbeitsschwerpunkten nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und entwicklungspolitische Anwaltschaft. Im Finanzjahr 2008 wurden 253 Projekte in 49 Ländern durchgeführt. Weitere Infos unter www.worldvision.de
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