Neue Westfälische: KOMMENTAR Das Versagen der Volksparteien Lagerschlachten zur falschen Zeit FRANZ WALTER
Geschrieben am 27-03-2009 |
Bielefeld (ots) - Es ist Wahljahr. Und alles wie immer in Wahljahren. Die beiden Volksparteien spielen das Stück vom Guten und Bösen: Der jeweils andere ist natürlich der schreckliche Tunichtgut, der üble Feind. Misslich ist, dass der ganz und gar verabscheuungswürdige Gegner mindestens noch für ein halbes Jahr Partner in der Regierungskoalition ist. Funktionsfähige Allianzen brauchen eine Idee der Kooperation, eine Kultur der Einsicht, dass der Erfolg des anderen zwingend auch die Voraussetzung für den eigenen Erfolg ist. Klassische Kooperationsdemokratien wissen das, haben daher auch eine eigene Sprache, spezifische Techniken und Arrangements der Konfliktbewältigung. In Deutschland gibt es so etwas nicht. Auch in der Großen Koalition fühlte sich kaum einer wirklich in die Pflicht genommen, dem Zusammenspiel der beiden Volksparteien irgendwann einmal Fundament, Norm und Ziel zu liefern. Und so haben sich nun die Spitzenleute von Sozialdemokratie und Union kaltschnäuzig in die Schützengräben begeben und das Feuer aufeinander ohne Rücksicht auf Verluste eröffnet. Nur imponiert außerhalb des Berliner Regierungs- und Medienviertels niemandem diese unreife Indianerspielerei kleiner Jungs. Die Auseinandersetzung zwischen den Parteien, die im föderalen Deutschland durch die vielen Wahlen chronisch ist, fördert eine Mentalität, die Kooperationseigenschaften zuwiderläuft. Der Gegner wird zum Buhmann. Der Konfliktkurs treibt nicht nur regelmäßig die beiden Volksparteien gegeneinander, sondern festigt auch die überkommenen Lager stets aufs Neue. Insofern sind bislang unerprobte Allianzen jenseits der Großen Koalition, sei es nun die Ampel (Rot-Gelb-Grün) oder Jamaika (Schwarz-Gelb-Grün), auch schwer zu schmieden. Also müsste schon der Wähler selbst für Beweglichkeit sorgen. Mit dieser Flexibilität sollte es, glaubt man den Auguren des politischen Geschäfts, eigentlich vorzüglich bestellt sein. Schließlich sind die meisten Interpretatoren davon überzeugt, dass der moderne Wähler ungerührt die Seiten wechselt, wenn ihm der bisherige Anbieter nicht mehr zusagt. Aber: Was hat sich real in den vergangenen Jahren in den politischen Basispräferenzen der Deutschen gewandelt? Das sogenannte linke Lager (SPD/Grüne/Linke) vereint in der Demoskopie durchschnittlich 46 oder 47 Prozent auf sich; die Werte für das altbürgerliche Lager aus CDU/CSU und FDP liegen eine Nuance höher. Ein Großteil der Wähler orientiert sich nach wie vor entlang der klassischen Positionsachsen. Der Mangel an Wechselbereitschaft verhindert, dass den politischen Eliten strategischer Manövrierraum jenseits dieser überkommenen Lager zuwächst. Eben deshalb erleben wir das Paradoxon: Das Land hat seit Monaten neue Probleme. Aber die Parteien inszenieren wie eh und je die alten Stücke.
Gastkommentator Franz Walter (53) ist Professor für Politische Wissenschaften an der Universität Göttingen. Er ist einer der bekanntesten Parteienforscher Deutschlands.
Originaltext: Neue Westfälische Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2
Pressekontakt: Neue Westfälische Jörg Rinne Telefon: 0521 555 276 joerg.rinne@neue-westfaelische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
194449
weitere Artikel:
- Neue Westfälische: euer Datenskandal bei der Bahn Mehdorn und kein Ende UWE ZIMMER Bielefeld (ots) - Dass ein Betrieb alles unternimmt, um Korruption zu bekämpfen, ist verständlich. Dass eine Firma sich dagegen wehrt, ausspioniert zu werden, wer wollte ihr dies verwehren? So weit, so Bahn. Das Problem des von Vorstandschef Hartmut Mehdorn monarchisch geführten Mobil-Konzerns ist ein anderes: die Firmenpolitik im Allgemeinen und die Wahrheit im Besonderen. Was hat Mehdorn der staunenden Öffentlichkeit schon alles zugemutet - ein undurchsichtiges Preissystem, ein unpraktikables Buchungsverfahren, einen unhaltbaren Bahncard-Verzicht, mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: zu CSU Stuttgart (ots) - Nein, was die CSU treibt, ist nicht bessere Einsicht. Es ist der Wille, unter allen Umständen populär zu sein - und koste es die Distanzierung von den eigenen Grundsätzen. Aber wer jedermanns Freund sein will, wusste schon Stuttgarts Ex-OB Manfred Rommel, ist bald jedermanns Dackel. Aber wer will schon gerne Dackel sein? Originaltext: Stuttgarter Nachrichten Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/39937 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_39937.rss2 Pressekontakt: Stuttgarter Nachrichten mehr...
- Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu Mehdorn Köln (ots) - Gescheitert RAIMUND NEUSS zur Zukunft Mehdorns Hartmut Mehdorn hat nicht mehr viele Freunde. Von sich aus will er nicht gehen, aber kein Politiker wagte es gestern, offen zu Mehdorn zu stehen. CDU und CSU, die in tern an dem einst von Gerhard Schröder geholten Manager noch festhalten, spielen auf Zeit. Sie wollen Mehdorn erst nach der Wahl ersetzen, weil es dann mehr Chancen für eine ih nen genehme Führungskraft im 25. Stock des "Bahntowers" geben könnte. Dieses Spiel geht wohl nicht mehr lange gut. Die Gewerk schaften mehr...
- RNZ: Die Feudal-Bahn Ein Kommentar der Rhein-NEckar-Zeitung, Heidelberg Heidelberg (ots) - Von Klaus Welzel Unbestritten: Hartmut Mehdorn hat sich als Bahnchef große Verdienste erworben - vor allem den, mit dem Staatsunternehmen Milliardengewinne erwirtschaftet zu haben. Dass die Kunden dafür in mehrfacher Hinsicht zahlen müssen, steht auf einem anderen Blatt. Denn politisch genoss Mehdorn mit seinem marktwirtschaftlich orientierten Kurs stets Rückendeckung aus dem Kanzleramt - erst durch Schröder, dann durch Merkel. Der Rückhalt jedoch ist längst dahin. Mehdorn hätte schon vor Wochen gehen müssen, würde im mehr...
- Kölner Stadt-Anzeiger: Meister sieht Verlängerung der Abwrackprämie kritisch Streitgespräch mit Rainer Brüderle Köln (ots) - Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Meister, hat sich kritisch zur Fortführung der Abwrackprämie geäußert. "Das Problem ist, dass wir eine Branchenlösung haben", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag-Ausgabe) während eines Streitgesprächs mit dem stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Rainer Brüderle. "Das ist etwas anderes als eine allgemeine Steuersenkung. Die Frage wird sein, wie man aus der Subvention wieder aussteigt. Das ist nach meiner Erfahrung extrem schwierig." Er fürchte, mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|