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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Jan Ullrich und Fußball-WM

Geschrieben am 30-06-2006

Leipzig (ots) - Ansteckend
Von Winfried Wächter
Siegestrunkene Fußball-Fans, entsetzte Anhänger von Jan Ullrich. Der
deutsche Sport erlebte gestern ein Wechselbad der Gefühle. Der im
Vorfeld nur von kühnen Optimisten erwartete Einzug der
Klinsmann-Truppe ins WM-Halbfinale löste eine derartige Jubelfeier im
Lande aus, dass die Aufregung um den unter Doping-Verdacht stehenden
Radsportstar am Abend fast in den Hintergrund geriet.
Die neuen Helden kommen zur rechten Zeit. Im Land der vielen Nörgler,
Zweifler und Zauderer macht sich dank ihrer Siege eine Stimmung
breit, die regelrecht ansteckt. Dass nun alle Teile der Gesellschaft
davon erfasst werden und sich alle Probleme lösen lassen, ist
freilich nicht anzunehmen. Fußball ist immer noch ein Spiel, seine
Übertragung auf andere Bereiche nur bedingt wahrscheinlich. Aber er
macht Emotionen frei, im positiven wie im negativen Sinne. Diese
WM-Tage und das Auftreten der deutschen Mannschaft lassen ahnen,
welche Glücksgefühle der WM-Sieg von 1954 auslöste. Wer Großes plant,
darf sich nicht dem Kleinmut ergeben - egal, ob Politiker oder
Fußballer.
Es lohnt sich also, seinen Weg - auch heftigen Widerständen zum Trotz
- fortzusetzen. Vorausgesetzt, der Protagonist ist von der
Richtigkeit überzeugt. Der Bundestrainer war es von Anfang an und
musste zahlreiche Hindernisse überwinden, die ihm von vielen
prominenten Seiten vor die Beine gestellt wurden. Er hatte (und
wollte) nicht den medialen Beistand seiner Vorgänger. Der Gegenwind
fiel entsprechend kräftig aus, als die schwachen Auftritte vor der WM
das Unternehmen zu gefährden schienen. Klinsmann blieb standhaft,
hielt seinen Kurs und fährt die Ernte ein. Die Schulterklopfer kommen
nun von allen Seiten, wie es in Zeiten des Erfolgs üblich ist in
Deutschland. Noch vor wenigen Monaten als Rumpelfußballer beschimpft,
schwimmen seine Spieler nun auf einer Woge der Sympathie. Der
deutsche Fußball ist also besser als sein internationaler Ruf und
sein nationales Ansehen.
Das Image von Jan Ullrich ist dagegen ramponiert. Möglicherweise ein
für allemal. Da er offenbar seinen Arbeitgeber belogen und den
Kontakt zur Doping-Szene bestritten hat, ist seine Suspendierung
nachvollziehbar. Ein trauriger Tag für den Radsport und seine
zahlreichen Anhänger. Die Konsequenz, die Jürgen Klinsmann
auszeichnet, hätte man auch ihm nach seiner ersten Doping-Sperre
gewünscht. Doch dafür hatte er die falschen Berater.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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