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Börsen-Zeitung: Die Bärenmarktrally läuft aus, Kommentar zu den Aktienmärkten von Thorsten Kramer

Geschrieben am 03-04-2009

Frankfurt (ots) - Stets findet Überraschung statt, da, wo man's
nicht erwartet hat." Das, was der Dichter Wilhelm Busch einst
humoristisch aufspießte, besitzt im Rückblick auf die nun abgelaufene
Handelswoche an Europas Aktienmärkten durchaus seine Gültigkeit.
Viele Marktanalysten hatten den Börsen vor Wochenfrist das Ende der
vor knapp vier Wochen eingeleiteten Erholungsrally vorausgesagt. Und
als die Indizes - belastet von Gewinnmitnahmen - gleich zum
Wochenbeginn kräftig unter Druck gerieten, sahen sich diese Akteure
bestätigt. Doch schon am darauffolgenden Handelstag wurden sie eines
Besseren belehrt, als die Aktienkurse, beflügelt von unerwartet
positiven US-Wirtschaftsdaten, erneut zu einem Höhenflug ansetzten.

Technisch betrachtet haben die Indizes nun noch weitere Luft nach
oben. Der Dax beispielsweise, der am Freitag mit einem Wochenplus von
4,3% bei 4385 Zählern den Handel beendete, hat durchaus das
Potenzial, die Rally noch bis auf 4700 Punkte auszuweiten. Und im
EuroStoxx50, der aktuell bei 2199 Punkten notiert, könnte es noch bis
auf etwa 2350 Zähler aufwärts gehen. Anleger sollten sich darauf
allerdings nicht verlassen, oder, um es noch einmal mit Busch zu
sagen: "Wo man am meisten drauf erpicht, gerade das bekommt man
nicht."

Viele schwache Daten

Für ein baldiges Ende der Bärenmarktrally jedenfalls sprechen
insbesondere die nach wie vor überwiegend enttäuschenden
Konjunkturdaten. So führte nicht zuletzt der US-Arbeitsmarktbericht
am Freitag allen Investoren sehr eindrucksvoll vor Augen, dass die
weltgrößte Volkswirtschaft weiter stark unter den Folgen der
Finanzkrise leidet: Die Zahl der Beschäftigten fiel im März
unerwartet deutlich um 663000; es war der fünfzehnte monatliche
Rückgang in Folge. Und die Arbeitslosenquote stieg auf 8,5%, das
höchste Niveau seit 26 Jahren.

Sorge bereiten fundamental orientierten Analysten auch der erneute
Rückgang der Stimmungsindikatoren sowie der Anstieg der
Arbeitslosigkeit in Europa. Hinzu kommt, dass der Baltic Dry Index,
der die internationalen Frachtraten von sogenannten
Vorleistungsgütern misst und deshalb als aussagekräftiger
Frühindikator für die globale Konjunktur gilt, weiter stark absackte.
Seit seinem Erholungshoch vom 10. März rutschte der Index damit um
mehr als 30% ab. Eine echte Aufhellung der Konjunktur, so lässt sich
zusammenfassen, ist somit weit und breit nicht in Sicht.
Gut vorstellbar ist, dass die negativen Aspekte schon in der neuen
Handelswoche wieder stärker die Wahrnehmung der Marktteilnehmer
beeinflussen. Die mit dem G 20-Gipfel in London verbundenen
Hoffnungen sind Geschichte, und die Regierungen müssen nun daran
arbeiten, die Beschlüsse umzusetzen. Hinzu kommt, dass der Plan der
US-Regierung zur Stabilisierung des Finanzsystems in den Vereinigten
Staaten nach Überzeugung von Analysten noch immer Fragen offen lässt.
Dies stellt zumindest weitere starke Kurssprünge der Bankenwerte, die
zuletzt die Erholung angeführt hatten, in Frage.

Gewinnrevisionen stehen an

Hinzu kommt, dass die Anleger allmählich ihren Fokus auf die
anstehende Berichtssaison zum abgelaufenen ersten Quartal des
Geschäftsjahres 2009 richten; und sie stellen sich auf viele
Enttäuschungen ein. So sind die Gewinnprognosen für die 30
Dax-Unternehmen für 2009 bereits stark gesunken, gleichwohl rechnet
die Commerzbank damit, dass die Erwartungen noch immer um rund 30% zu
hoch angesiedelt sind.

Selbst wenn einige Strategen schon von erstklassigen Gelegenheiten
für langfristig operierende Anleger sprechen, scheint es angesichts
der aktuellen Indexniveaus und der trüben fundamentalen Perspektiven
verfrüht, nun in größerem Umfang in den Markt einzusteigen. Die
Indizes werden auch wieder schwächere Tage sehen und sehr
wahrscheinlich die zurückliegenden Tiefstände aus der zweiten
März-Woche testen. Vorher ist die Bodenbildung immer noch nicht
abgeschlossen. Die längerfristig ausgerichteten Akteure sollten
nichts überstürzen und diese Bodenbildung in Ruhe abwarten, um
gegebenenfalls dann sorgsam zu investieren. Oder, um noch einmal
Busch zu zitieren: "Lass ihn im Galoppe tollen, reite ruhig deinen
Trab! Ein zu ungestümes Wollen wirft von selbst den Reiter ab."

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de
Telefon: 069--2732-0


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